12/09/2024
Rüde vs. Hündin
Ist euch schon mal aufgefallen, dass es in dem ganzen Resozialisierungszirkus nahezu nur Rüden gibt?
Nicht? Achtet mal drauf, wird euch überraschen.
Natürlich denkt man tendenziell eher selten über die Geschlechterverteilung bei irgendwelchen Aggro-Hundeflüsterer-Videos nach, zumal man auch immer nur einen Kurzausschnitt zu sehen bekommt oder einzelne Zirkushunde am Würger durch die Manege gezogen werden, während die anderen Hunde des Rudels als Backgroundtänzer zu einer einheitlichen Fellmasse verschwimmen.
Um die Hundemasse noch nebulöser erscheinen zu lassen als sie sich sowieso schon keiner merken kann, gibt's noch paar Tricks dazu, die ich gerne Nebelbomben nenne und dazu dienen den Wiedererkennungseffekt zu minimieren. Einfügen, Rausnehmen, ein Leichtes und keiner merkt's - Todesfälle fallen im großen Chor der Backgroundtänzer nicht auf, der persönliche Bezug findet gar nicht erst statt.
Wie schnell man vom Thema abkommt, weil doch alles mit allem zusammenhängt, für so einen Post jedoch im Ganzen viel zu viel wäre. Jedoch alles Anzeiger für das Mindset dahinter .
Gleicher unter Gleichen oder Stars und Deko - wer's mit Hunden so hält, sieht's beim Menschen erst recht nicht anders.
Keine Vermenschlichung, mehr ein Anzeiger für Denkstrukturen.
Wer in die Kategorie "Stars und Sternchen" gehört, braucht automatisch das passende Outfit, im besten Fall die passende Optik, mehr als Goodie, nicht unbedingt notwendig.
Was aber absolut von Nöten ist, ist der passende spektakuläre Auftritt.
Es muss schließlich eine Rechtfertigung dafür geben, weshalb man überhaupt im Scheinwerferlicht stehen darf.
Und dafür sorgen glücklicherweise mit zuverlässiger Gleichmäßigkeit die Rüden unter den Hunden.
Während die Hündin sich noch überlegt, was der Zweck hinter dem künstlichen vor der Kamera aufgebauten Konflikt steht und die Künstlichkeit nicht nur sofort durchschaut, sondern sich nicht im geringsten dazu animieren lässt, ist der Rüde schon fünfmal kamerawirksam auf Knopfdruck explodiert.
Au geil, das hagelt Likes und Follower!
Morgen gleich noch mal und dann mit noch mehr Drama Baby, die Follower wirken schon etwas gelangweilt, weil es dich immer nur das selbe ist.
Und wenn gar nichts zieht, dann holen wir einfach einen neuen Hund.
Der alte? Den geben wir weg, weil's woanders für den dann von den Umständen her doch viel besser passt. Alles gegeben, aber die Umstände wieder mal - höhere Macht, kann man vorher nicht wissen, ist halt so.
Hier stoppen wir mal ganz kurz: doch, kann man wissen, sollte man sogar und vor allem muss man wissen, was man leisten kann, wenn man fachlich versagt hat, um dem Hund trotzdem ein artgerechtes glückliches Leben zu ermöglichen. Das ist die Pflicht, wenn man Schutzbefohlene aufnimmt und ihnen und der Welt verspricht, dass man hinbiegt, was sonst niemand schafft.
Denn wenn man feststellt, man schafft es doch nicht, tun sich auf einmal Lösungen auf, die es urplötzlich dann auch und besser schaffen.
Äh, wofür dann den Umweg durch den Zirkus der Qualen, wenn es die Lösung vorher doch auch schon gab, die ist ja schließlich nicht grade vom Baum gefallen...
Um ehrlich zu sein, weiß ich auch, dass zur Resozialisierung von aggressiven Hündinnen ein enormes Maß an Fachwissen, Erfahrung und Können vonnöten ist, um diese wieder in eine Entspannung bei der Beurteilung von Situationen zu bekommen.
Es braucht sehr viel Zeit und Zuverlässigkeit, um Hündinnen, die zu irgendeinem Punkt in Ihrem Leben so verzweifelt waren, dass sie für sich entschieden haben, beißen zu müssen, das Vertrauen in andere Personen wieder schenken zu können.
Wenig medienwirksam, sehr sehr anstrengend und in den meisten Fällen liegt ein erlernten Verhalten zugrunde, dass nicht mit den einfachen Kategorien wie Selbstschutz, Territorialität, Ressourcenaggression und Co zu erfassen ist.
Hündinnen haben relevante Funktionen in familialen Strukturen und sind von Haus aus bestrebt, diese sozialverträglich zu lösen.
Hat eine Hündin bewusst entschieden, in die Offensive zu gehen, dann ist das mit wenig zu vergleichen, was Rüden so auffahren.
Nicht vom Grad der Verletzung her, das ist individuell zu betrachten, sondern vom Moment deiner größten Verletzlichkeit, deiner Schwäche aus und in diesen Momenten hast du weder Kamera noch Bums, noch die Schelle.
Da liegst du im Bett oder auf der Couch und plötzlich liegt oder sitzt jemand auf dir.
Du hast nichts gemacht, nur geatmet und gedöst, vielleicht deine Grippe auskuriert und dann bist du fällig. Einfach so, weil sie sich die Streitpunkte der letzten Wochen gemerkt hat, dein Verhalten studiert und deine Schwäche erkannt.
Ich rede nicht von Hündinnen, die die große Welle machen und riesig viel Gewese.
Ich spreche von den leisen, den unauffälligen, denen, die so richtig beißen, nicht aus der situativen Verzweiflung, sondern weil sie jetzt am Zug sind.
Es gibt glücklicherweise sehr sehr wenige solcher Hündinnen. Glücklicherweise, denn sie gingen so lange durch die Hölle, bis sie strategisch wurden - werden mussten.
Niemand sollte so etwas erleben müssen.
Die, die es gibt, tauchen kaum in den sozialen Medien auf, weil sie sich nicht am Nasenring durch die Arena ziehen lassen.
Welches Türchen darf es denn sein?
Tor eins - presst kraftvoll mit dem Maulkorb deine Hand auf Boden oder an die Wand, um besser an deine Finger kommen zu können.
Tor zwei - klammert sich so lange mit den Daumenkrallen in dein Weichgewebe (Innenschenkel, Busen, Schritt etc.), bis du Stresshormone ausatmest, um dich dann zu attackieren.
Tor drei - beißt unvermittelt in dein Weichgewebe, um sich einen Lustgewinn daraus zu verschaffen
Tor vier - beißt über zwei Tage, trotz räumlichen Trennungsphasen, in deinen von einer Lederjacke geschützten Oberkörper und Arme, bis du vollflächig schwarz - nicht mehr blau - von den Blutergüssen bist und deine Jacke zu Teilen in Fetzen davonhängt.
Interessiert uns, ob irgendein Hund ein bis drei Mal gebissen hat? Kommt auf Verletzungsgrad und Motivation an.
Machen wir daraus die große Welle? Für was? Um uns geil zu fühlen?
Dazu müsste es doch absolut reichen, dass wir wissen, dass wir mit solchen Hunden 24/7 ohne Maulkorb, Anbindung, Kernel und Hundezimmer leben, dafür braucht es doch beileibe kein Publikum und schadet dem Hund.
Das ist auch der Grund, weshalb ich hier nur einen Bruchteil der Themen bei Tor 1-4 notiert habe. Für die Hunde ist es egal und für uns unwichtig.
Wir kommen dann ins Grübeln, wenn ein Hund wie Jasper damals, weit über 20 Mal zugelassen hat und davon rund 10x direkt ins Gesicht geflogen kam als die Menschen lagen.
Das Ergebnis der Denkung war die Diagnose "Wasserkopf", nicht A***hlochhund, obwohl er jahrelang zuvor so tituliert wurde...
Nur im Nebenbei...
Vanessa alias Faszilation Hund