16/01/2025
Interessantes Gespräch heute an einer Herde...
Als ich im Rahmen meiner Herdenrunde heute Mittag an der Merzenherde stand, hielt neben mir ein Auto mit rumänischen Kennzeichen.
Es stiegen zwei Männer in Arbeitskleidung aus und stellten sich höflich als Wanderarbeiter vor, die hier in der Nähe gerade auf einer Baustelle tätig sind, Mittagspause hätten und in dem Haus neben der Herde untergebracht sind.
Der eine berichtete, dass er bis vor knapp zwei Jahren in seiner Heimat in den Karpaten als Hirte gearbeitet hat und auch Herdenschutzhunde kenne.
Da er die Hunde sehr beeindruckend fand, nutze er die Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch.
Er berichtete, dass sie zu zweit, manchmal zu dritt eine 500 köpfige Herde zusammen mit vier Eseln und zwölf Herdenschutzhunden begleiteten. Dies bedeutete für sie monatelang ununterbrochen zu arbeiten, ohne Ablösung, Urlaub, krank sein zu können, ohne Sonn- Feiertags- und Nachtzuschläge, und das als angestellte Hirten. Das geht hier in Deutschland nur, wenn man selbständig ist...
Dort schert man sich aber nicht um Arbeitszeitgesetze und Work-Life-Balance! Dann ist eine rund-um-die-Uhr Behirtung auch möglich.
Schnell kamen wir auf das Thema Wölfe und Bären. Während er beim Thema Bär noch relativ entspannt war, weil die einzeln jagen und sich relativ leicht, besonders durch die Hunde verjagen lassen, wurde er beim Thema Wolf doch recht emotional. Denn Wolfsangriffe bedeuteten immer eine große Gefahr für alle Beteiligten. Er berichtete von mehreren Dutzend Angriffen, die er über die Jahre erlebt hätte.
Meistens war es so, dass die Angriffe von den Eseln in dem weitläufigen und unübersichtlichen Gelände als erstes bemerkt wurden. Diese dienten ausschließlich als Lastentier und Alarmanlage und in keinster Weise als Herdenschützer, wie es hier oft verkauft wird. Als ich das erzählte, schüttelte er mit dem Kopf und sagte: "Deutsche dumm!"
Das Theater der Esel rief dann sowohl die Herdenschutzhunde und auch die Hirten auf den Plan. Die Hunde, wenn sie gut eingespielt waren, teilten sich auf, die jungen schützten die Herde, die erfahrenen gingen sofort auf die Wölfe, auch wenn diese im Rudel von mehreren Seiten angriffen.
Die Hirten waren stets bewaffnet, und zögerten auch nicht, den einen oder anderen Wolf zwischen raus zu schießen. Meistens würden die Wölfe den kürzeren ziehen oder nur ganz wenige Tiere erbeuten, schließlich bedeutet jedes gerissene Tier einen immensen wirtschaftlichen Schaden und kränkt die Berufsehre der Hirten. Aber seiner Erfahrung nach wäre ohne Abschüsse beim Angriff die Weidehaltung dort nicht mehr möglich, da die Rudel sonst alles überrennen würden. Seiner Aussage nach ziehen sie sich ziemlich schnell zurück, wenn sie bemerken, dass ein Artgenosse auf der Strecke geblieben sei.
Die beiden verstanden es auch nicht, wie man so töricht sein könne, die Wölfe sich so ungehemmt vermehren zu lassen...
Ich erklärte ihnen, dass man sich hier in Deutschland immer gerne auf Studien beruft..., die beiden fingen an zu lachen und wir waren uns einig, dass eine Studie in erster Linie dem nützt und das gewünschte Ergebnis präsentiert, der sie bezahlt hat...
Ich berichtete ihnen auch über die Probleme, die hier der Herdenschutz allgemein, aber auch besonders mit Hunden mit sich bringt. Sowas kenne man dort nicht, schließlich wisse man um den Wert der Herden. Und auf deren Frage, wieviele Schafe ich denn hätte, entgegneten sie auf meine Antwort, ich müsse dann ja mehrere fest angestellte Mitarbeiter haben und ich dies verneinte, weil die Lohn- und Lohnnebenkosten und die Kosten für den Herdenschutz einfach zu hoch sind, klopfte mir der eine auf die Schulter und meinte mit einem Augenzwinkern, ich solle nach Rumänien auswandern, da wären die Arbeitsbedingungen für Schäfer besser.
Zum Schluss erzählte ich ihnen noch, dass man hier oftmals Rumänien als Vorbild für die Koexistenz zwischen Weidehaltung und Beutegreifern nennen würde, was die beiden völlig irritierte, weil hier ja alles völlig anders ist, als dort zuhause. Vor allem würde man dort nicht aus allem so einen Film drehen und an die große Glocke hängen, auch nicht, wenn unter den Wölfen mal bei der Selektion nachgeholfen wird...
Ich fand es durchaus spannend, wie es woanders läuft!
Und ich wette, die Wolfsfans werden jetzt wieder durchdrehen... 😀