22/04/2024
Aktuell erleben wir einen Tiefdruckeinfluss mit viel Regen und kühler Polarluft. In einigen Teilen Deutschlands liegt sogar Neuschnee.
Keine guten Aussichten für eine erfolgreiche Brutzeit.
Jetzt ist es besonders wichtig, Vogeleltern mit energiereicher Nahrung zu versorgen.
Nässe, Kälte und Nahrungsknappheit führen dazu, dass es für viele Vögel immer schwieriger wird, ihre Jungen erfolgreich aufzuziehen.
Nässe, Kälte und Nahrungsknappheit führen dazu dass Nestlinge schnelle Opfer von Fressfeinden werden oder verhungern und auskühlen.
Es führt auch dazu, dass Vogeleltern nicht mehr alle Nestlinge ausreichend mit Nahrung versorgen können und deshalb sogar ihre komplette Brut aufgeben.
Für zum Beispiel eine durchschnittliche Kohlmeisenbrut werden für die Nestlinge z.B. ca. 10.000 Raupen benötigt. Dabei wird das Nest von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang rund 400-600x von Vogeleltern mit Futter angeflogen.
Keine leichte Aufgabe für Vogeleltern, zumal Untersuchungen (Krefeldstudie) allein für NRW mancherorts einen Rückgang der Fluginsekten-Biomasse von 76,7 % bis 81,6 % festgestellt haben. Die Daten aus verschiedenen anderen Studien zeigen ebenfalls ein flächendeckendes Problem in Deutschland auf.
Da wir alle möchten, dass Nestlinge gesund und lebend ihr Nest verlassen, ist die Unterstützung der Vogeleltern mit energiereicher Nahrung wichtiger denn je.
Schlechte Wetterbedingungen zur Brutzeit sind für Wildvögel jedoch nicht ungewöhnlich.
Ca. 77 Prozent aller Vögel sind Freibrüter und haben im Laufe der Evolution gelernt, standhafte und regenfeste Nester zu bauen.
Allerdings können starke und anhaltende Regenfälle jedoch zu einem Brutrückgang bis hin zum totalen Verlust einer Brut führen.
Dies hat eine Langzeitstudie (2010 -2015) ergeben. Während dieser Studie wurde der Einfluss der Wetterbedingungen in der Brutzeit, auf das Überleben von Nestlingen in 350 Nestern der Kohlmeise Parus Major untersucht (Eva Maria Schöll /Sabine Marlene Hille).
Die Untersuchungen ergaben, dass anhaltender Regen wesentlich schädlicher für Nestlinge ist, als kalte Außentemperaturen.
Anhaltender Regen hat Auswirkungen auf:
• die Thermoregulation,
• die Nahrungsverfügbarkeit
• und das Raubtierrisiko.
Weiterhin ergab die Untersuchung, dass die verringerte Nahrungsverfügbarkeit die wahrscheinliche Ursache für den Tod nur einzelner Nestlinge war, während Fressfeinde zu einem Verlust der gesamten Brut führten.
Kohlmeisen-Nestlinge werden hauptsächlich mit Raupen gefüttert. Während anhaltendem Regen ist die Verfügbarkeit dieser Raupen jedoch schwer verringert.
Nahrungsknappheit plus Wachstum und Hunger der Nestlinge führt dazu, dass Nestlinge ihr Bettelverhalten erhöhen (Kölliker) und Vogeleltern das Nest öfter (bedingt durch wenig Nahrungsverfügbarkeit) anfliegen müssen.
Dies wiederum erregt die Aufmerksamkeit von Fressfeinden (bei der Studie waren es Siebenschläfer), die zum Verlust einer gesamten Brut führen können.
Anhaltender Regen kann aber auch zur Aufgabe des Nestes durch die Vogeleltern führen.
Dazu führt zum einen eine vorhandene Nahrungsknappheit
und zum anderen, wenn die Vogel-Mutter das Nest verläßt, um ihre eigene Überlebenschance zu erhöhen.
Die Studie hat zudem festgestellt, dass die Gefahr von Fressfeinden bei Nestern in natürlichen Baumhöhlen höher war als in Nistkästen.
Die Ursache für den Tod einzelner Nestlinge, ist hingegen zumeist in der Thermoregulation zu finden.
Der Zeitraum zwischen Schlüpfen und Flüggewerden ist für Nestlinge ein kritischer Zeitrahmen.
Mehrere Variable haben dabei Auswirkungen auf das Überleben der Nestlinge.
So haben abiotische Bedingungen, wie z.B. Wetterbedingungen, starken Einfluss darauf.
Eine anhaltende nass-kalte Witterung führt zu einem Auskühlen der Nestlinge (Morrison und Bolger, Eva Maria Schöll und Sabine Marlene Hille) .
Nestlinge sind die ersten 12 Tage nach dem schlüpfen sehr temperaturempfindlich, da sie nicht über stark isolierende Daunenfedern und wasserdichtes Gefieder verfügen (Mertens). Ihre Körpertemperatur können Nestlinge in den ersten Tagen auch noch nicht selbst regulieren (Kluijver).
So haben Studien gezeigt, dass Kohlmeisen-Nestlinge bereits nach 3-4 Tagen beginnen ihre Körpertemperatur zu regulieren, sich die Homöothermie ( = Zoologie: die Fähigkeit seine Körpertemperatur konstant zu halten) jedoch erst nach 10 Tagen stabilisiert.
Um ihre Nestlinge im Nest vor Regen zu schützen und zu wärmen, nimmt die Vogelmutter sie unter ihre Federn.
Durch ein wachsartiges Öl, dass erwachsene Vögel aus den Uropygialdrüsen (=Bürzeldrüse) ausscheiden und über die Federn verteilen können, sind diese dann wasserabweisend. Allerdings schützt dies die Nestlinge nicht vor anhaltendem Regen und auskühlen.
Die NABU-Württemberg schreibt dazu unter dem Titel: „Tote Meisen im Nistkasten“-
(Zitat) Oft spielt auch die Witterung eine Rolle. Regen und Frost können eine tödliche Kombination sein. Die anfangs noch nackten oder später nur wenig befiederten Jungvögel kühlen aus, wenn durch Altvögel mit durchnässtem Gefieder die Feuchtigkeit in der Bruthöhle zunimmt. Sie werden lethargisch und sterben.(Zitat Ende).
Da wir alle möchten, dass Nestlinge gesund und lebend ihr Nest verlassen, ist die Unterstützung der Vogeleltern mit energiereicher Nahrung wichtiger denn je.
Die Flugleistung die Vogeleltern in der Brutzeit erbringen müssen, für Insektensuche und Fütterung ihrer Jungen, sind mehr als beachtlich.
Kommt nun noch der Rückgang der Insektenbiomasse von fast 80 Prozent dazu, so fordert diese Flugleistung ca. 28x mal mehr Energie als in den ruhigen Wintermonaten.
Welche Energie Vogeleltern nun bei schlechten Wetterbindungen benötigen, wie bei Dauerregen, Kälte und Schnee, kann wohl jeder selbst erahnen.
Wenn nun Päppler (Menschen, die in ihrer Freizeit Vögel per Hand füttern) in dieser für Vögel anstrengenden und sehr energieraufwendigen Zeit dazu aufrufen, Energiefutter wie Fettfutter (z.B. Meisenknödel), Sonnenblumenkerne, gehackte Erdnüsse, Erdnussbutter für Vögel ) wegzulassen, hat das fatale Folgen für die Versorgung der Nestlinge.
Laut Fettfuttergegner (zumeist Päppler) soll ab sofort in der Brutzeit nur noch verfüttert werden, was man auch jetzt in der Natur findet. Dazu gehören Sämereien, Obst und Insekten.
Vielleicht ist es ja Fettfuttergegner entgangen, dass es aktuell die von ihnen hochgelobten Sämereien noch gar nicht in dem Ausmaß in der Natur gibt, so wie sie von Vögel benötigt werden.
Sie gibt es zumeist erst im Spätsommer, zum Ende der Brutzeit. Dann kommt es jedoch zu spät für Vogeleltern und ihre Brut.
Finden Vögel im Garten vorwiegend nur Beeren und Obst, dass lediglich nur ein Zusatzfutter ist, verhungern sie sehr schnell, da Beeren und Obst zu wenig Fett- und Aminosäure enthalten.
In Bezug zu Insekten scheint auch nicht beachtet worden zu sein, dass nicht alle Insekten gleichwohl für eine gute und gesunde Entwicklung der Nestlinge geeignet sind.
Nestlinge rein "nur am Leben zu erhalten", ohne Beachtung was sie zu welchem Zeitpunkt ihrer Entwicklung benötigen, ist und kann nie richtig sein.
Darum überlasst die Fütterung den Vogeleltern und unterstützt Vogeleltern mit energiereicher Nahrung.
Deshalb unsere Bitte: Vertraut anerkannten Wissenschaftlern und Ornithologen mit ihrem fundierten Wissen und nicht selbsternannten Experten mit fehlender Kenntnisse in grundlegender Vogelbiologie.
Nestlinge sollen gesund und lebend ihr Nest verlassen können.
Bei Zweifel, schaut euch den Beruflichen Werdegang an von:
Prof. Dr. Peter Berthold https://www.bi.mpg.de/berthold
und
Prof. Dr. Martin Kraft https://www.mio-marburg.org/vorstand
Um nur zwei von vielen Experten zu nennen
Und dann schaut euch ihm Vergleich den Werdegang von Päppler an.
Mehr Infos bekommt man in der Facebook-Gruppe: Gartenvögel
https://www.facebook.com/groups/gartenvoegel
Quellenverzeichnis:
MorrisonS. A.BolgerD. T.2002. Variation in a sparrow's reproductive success with rainfall: food and predator-mediated processes. – Oecologia 133: 315–324.
Eva Maria Schöll, Sabine Marlene Hille: Heavy and persistent rainfall leads to brood reduction and nest failure in a passerine bird : First published: 03 May 2020
KluijverH. N. 1951 . Die Populationsökologie der Kohlmeise Parus m. Dur L. – Ardea 39 : 1 – 135 .
Naef-DaenzerL. Naef-DaenzerB. NagerR. G. 2000 . Beuteauswahl und Futtersuchleistung brütender Kohlmeisen Parus Major im Verhältnis zur Nahrungsverfügbarkeit . – J. Avian Biol. 31 : 206 – 214 .
MertensJ. A. L. 1977 . Thermische Bedingungen für eine erfolgreiche Brut bei Kohlmeisen ( Parus major L.) – I. Zusammenhang zwischen Wachstum und Entwicklung der Temperaturregulation bei nistenden Kohlmeisen . – Oecologia 28 : 1 – 29 .
Siikamäki P. Nestling growth and mortality of Pied Flycatchers Ficedula hypoleuca in relation to weather and breeding effort. The Ibis. 1996;138:471–478.
Avery MI. Krebs JR. Temperature and foraging success of Great T**s Parus major hunting for spiders. The Ibis. 1984;126:33–38.
Heavy and persistent rainfall leads to brood reduction and nest failure in a passerine bird
Eva Maria Scholl, Sabine Marlene Hille
First published: 03 May 2020
Rain may have more Influence than Temperature on Nest Abandonment in the Great Tit Para major