09/02/2022
❗ 𝗚𝗶𝗳𝘁𝗽𝗳𝗹𝗮𝗻𝘇𝗲𝗻 ❗ 𝘂𝗻𝗱 𝗣𝗳𝗲𝗿𝗱𝗲
„Das Thema Giftpflanzen wollte ich [in meinem Buch] erst gar nicht erwähnen, weil ich dachte, dann kann sich niemand mehr für die wunderbar heilsame Welt der Pflanzen öffnen. Ich habe mich anders entschieden, da diese Thematik doch sehr präsent ist und offenbar viel angstschürendes Halbwissen kursiert. Aufgrund dessen bin ich in die Toxikologie und Pharmakologie der Veterinärmedizin eingestiegen.“ [1]
𝗪𝗮𝘀 𝗶𝘀𝘁 𝗚𝗶𝗳𝘁❓
„In einem Reichsgerichtsurteil vom 14.01. 1884 wurde zum Thema Gift festgehalten: Eine Substanz, welche lediglich durch ihre qualitative Beschaffenheit unter allen Umständen geeignet wäre, die Gesundheit zu zerstören, existiert nicht. Die gesundheitszerstörende Eigenschaft ist vielmehr eine relative; sie ist nicht bloß von der Qualität, sondern auch von anderen Bedingungen, insbesondere von der Quantität des beigebrachten Stoffes und von der körperlichen Beschaffenheit der Person, welcher derselbe beigebracht worden ist, abhängig.“ [2]
„Das bedeutet, dass es keine Substanz gibt, die allein aufgrund ihrer Qualität und Inhaltsstoffen toxisch wirkt, sondern dass es auf die Menge des Stoffes sowie den körperlichen Zustand des Menschen oder Tieres ankommt.
Auf diesem Urteil basieren auch heute noch fundamentale Konzepte der Toxikologie und werden von den Thesen des Arztes und Alchemisten Theophrastus Bombastus von Hohenheim (Paracelsus) untermauert. „Alle Dinge sind Gift und nichts (ist) ohne Gift, allein die Dosis, macht dass ein Ding kein Gift ist.“ (Paracelsus, 1538). Die Definition bedeutet, dass es von jedem Stoff eine Dosis gibt, die nicht giftig ist. Die Giftwirkung ergibt sich, wenn eine gewisse Schwellenkonzentration überwunden wurde. Dies geschieht bei Aufnahme einer größeren Menge akut oder schleichend über längeren Zeitraum. Die Wissenschaft geht heute lediglich bei krebserregenden Stoffen davon aus, dass auch ein einziges Molekül eine kritische DNA Mutation auslösen kann und damit die Bildung eines Tumors auslösen könnte.“ [3]
𝗪𝗮𝘀 𝗯𝗲𝗱𝗲𝘂𝘁𝗲𝘁 𝗱𝗮𝘀 𝗻𝘂𝗻 𝗵𝗶𝗻𝘀𝗶𝗰𝗵𝘁𝗹𝗶𝗰𝗵 𝗚𝗶𝗳𝘁𝗽𝗳𝗹𝗮𝗻𝘇𝗲𝗻 𝘂𝗻𝗱 𝗣𝗳𝗲𝗿𝗱𝗲 ❓
Es gibt sie, die Beobachtungen, dass Pferde als giftig geltende Pflanzen essen. In einem meiner Artikel sowie im Buch schreibe ich z.B. vom Adlerfarn zur Entwurmung, der in zu hohen Dosen durch die enthaltende Thiaminase (Enzyme) das Vitamin B1 (Thiamin) im Körper zerstört. Aus Angst, diese „zu hohe Dosis“ zu erreichen, geraten ganze Stallgemeinschaften in Streit, wenn auch nur ein Exemplar dieser Pflanze auf der Koppel wächst.
𝘞𝘶𝘴𝘴𝘵𝘦𝘴𝘵 𝘥𝘶, 𝘥𝘢𝘴𝘴 𝘏𝘢𝘧𝘦𝘳 𝘻𝘶 𝘥𝘦𝘯 𝘣𝘦𝘭𝘢𝘴𝘵𝘦𝘵𝘴𝘵𝘦𝘯 𝘍𝘶𝘵𝘵𝘦𝘳𝘮𝘪𝘵𝘵𝘦𝘭𝘯 𝘨𝘦𝘩𝘰̈𝘳𝘵, 𝘥𝘢 𝘦𝘳 𝘥𝘪𝘷𝘦𝘳𝘴𝘦 𝘛𝘰𝘹𝘪𝘯𝘦 𝘣𝘪𝘯𝘥𝘦𝘵?
Machst du dir darüber Gedanken, wenn du Hafer verfütterst?
Wieso gibt es so viele schwammige Aussagen zu dieser „Giftthematik“ und auch viele Horrorstorys? Es wäre doch viel einfacher, eine Tabelle zu haben, in der verzeichnet ist, wie viel von welcher Pflanze toxisch wirkt. Doch so einfach ist das eben nicht.
So steht auch im Lehrbuch der Toxikologie und Pharmakologie der Veterinärmedizin: „Im Allgemeinen ist die Pflanzentoxizität eine schwierig einzuschätzende Eigenschaft, denn der Wirkstoffgehalt unterliegt in qualitativer wie auch in quantitativer Hinsicht beträchtlichen Schwankungen.“ [4]
𝘞𝘪𝘦𝘴𝘰 𝘦𝘴𝘴𝘦𝘯 𝘗𝘧𝘦𝘳𝘥𝘦 𝘶̈𝘣𝘦𝘳𝘩𝘢𝘶𝘱𝘵 𝘻𝘶 𝘷𝘪𝘦𝘭 𝘷𝘰𝘯 𝘗𝘧𝘭𝘢𝘯𝘻𝘦𝘯, 𝘥𝘪𝘦 𝘪𝘩𝘯𝘦𝘯 𝘴𝘤𝘩𝘢𝘥𝘦𝘯 𝘬𝘰̈𝘯𝘯𝘦𝘯, 𝘸𝘦𝘯𝘯 𝘴𝘪𝘦 𝘥𝘰𝘤𝘩 𝘦𝘪𝘨𝘦𝘯𝘵𝘭𝘪𝘤𝘩 𝘶̈𝘣𝘦𝘳 𝘪𝘯𝘵𝘢𝘬𝘵𝘦 𝘐𝘯𝘴𝘵𝘪𝘯𝘬𝘵𝘦 𝘷𝘦𝘳𝘧𝘶̈𝘨𝘦𝘯 𝘴𝘰𝘭𝘭𝘵𝘦𝘯?
Die Szene der „Pferdebeobachter“ hinsichtlich Nahrungsaufnahme, Verhalten, usw. wächst stetig und so häufen sich auch die Erfahrungsberichte hinsichtlich „Giftpflanzen“. Hier zeichnet sich deutlich ab, dass Pferde mit viel Platzangebot und einem sehr abwechslungsreichen Nahrungsangebot sowie entsprechend Mineralien inmitten von teils „tödlich giftigen“ Pflanzen (wie z.B. Eibe oder Fingerhut) leben, ohne diese überhaupt anzurühren oder maximal daran zu knabbern. Hinzu kommt, dass von „giftigen Pflanzen“ nicht immer alle Bestandteile toxisch wirken, die Jahreszeit, usw. spielen auch eine Rolle. Doch es gibt auch Berichte von Pferden, die sich an Pflanzen vergiften, weil sie zu viel davon aufgenommen haben. Wie kommt das?
Um das herauszufinden, müssen wir zunächst einmal in der Lage sein, die Dramatik auszuklammern, die mit dem Verlust eines Tieres einhergeht. Ich war von so etwas schon selbst betroffen, wobei in meinem Fall die Vermutung einer gezielten Vergiftung sowie die Aufnahme von verdorbenem „Wickelheu“ als Ursache ungeklärt im Raum steht und nicht die freiwillige Aufnahme von Giftpflanzen. Dennoch weiß ich um die Angst und den Schmerz, der sich um eine Vergiftung rankt und einen selbst lähmt.
𝗔𝗹𝘀𝗼 𝘀𝘁𝗲𝗹𝗹𝗲𝗻 𝘄𝗶𝗿 𝘂𝗻𝘀 𝗳𝗼𝗹𝗴𝗲𝗻𝗱𝗲 𝗙𝗿𝗮𝗴𝗲𝗻 ❗
⛔️ Welche Pflanzen hat das Pferd in welchem Kontext aufgenommen?
⛔️ Wie sind seine Lebensbedingungen?
⛔️ Wie steht es um seine allgemeine Gesundheit (körperlich, seelisch, geistig)?
⛔️ Bestehen möglicherweise Mangelerscheinungen?
𝗡𝗮𝗰𝗵 𝗺𝗲𝗶𝗻𝗲𝗻 𝗻𝗲𝘂𝘀𝘁𝗲𝗻 𝗘𝗿𝗸𝗲𝗻𝗻𝘁𝗻𝗶𝘀𝘀𝗲𝗻 𝘂𝗻𝗱 𝗕𝗲𝗼𝗯𝗮𝗰𝗵𝘁𝘂𝗻𝗴𝗲𝗻 𝘀𝘁𝗲𝗹𝗹𝗲 𝗶𝗰𝗵 𝘇𝘂𝗱𝗲𝗺 𝗳𝗲𝘀𝘁, 𝗱𝗮𝘀𝘀 𝗱𝗶𝗲 𝗔𝘂𝘀𝘄𝗮𝗵𝗹 𝗮𝗻 𝘀𝗽𝗲𝘇𝗶𝗳𝗶𝘀𝗰𝗵 𝗴𝗲𝘄𝗮̈𝗵𝗹𝘁𝗲𝗻 𝗞𝗿𝗮̈𝘂𝘁𝗲𝗿𝗻 𝘀𝗶𝗰𝗵 𝘃𝗲𝗿𝗮̈𝗻𝗱𝗲𝗿𝘁, 𝘄𝗲𝗻𝗻 𝘄𝗶𝗿 𝗦𝗰𝗵𝗺𝗲𝗿𝘇𝗲𝗻, 𝗦𝗽𝗮𝗻𝗻𝘂𝗻𝗴𝗲𝗻 𝘂𝗻𝗱 𝗕𝗹𝗼𝗰𝗸𝗮𝗱𝗲𝗻 𝗮𝘂𝗳𝗴𝗲𝗹𝗼̈𝘀𝘁 𝗵𝗮𝗯𝗲𝗻 𝘂𝗻𝗱 𝘇𝗶𝗲𝗹𝗴𝗲𝗿𝗶𝗰𝗵𝘁𝗲𝘁 𝗱𝗮𝘀 𝗣𝗳𝗲𝗿𝗱 𝗱𝗮𝗵𝗶𝗻𝗴𝗲𝗵𝗲𝗻𝗱 𝘂𝗻𝘁𝗲𝗿𝘀𝘁𝘂̈𝘁𝘇𝗲𝗻, 𝘀𝗲𝗶𝗻𝗲 𝘃𝗲𝗿𝘀𝗰𝗵𝗹𝗶𝘀𝘀𝗲𝗻𝗲𝗻 𝗥𝘂𝗺𝗽𝗳𝘁𝗿𝗮̈𝗴𝗲𝗿 𝘄𝗶𝗲𝗱𝗲𝗿 𝘇𝘂 𝗺𝗼𝗯𝗶𝗹𝗶𝘀𝗶𝗲𝗿𝗲𝗻 𝘂𝗻𝗱 𝗮𝗻𝘀𝗰𝗵𝗹𝗶𝗲ß𝗲𝗻𝗱 𝘇𝘂 𝘀𝘁𝗮𝗯𝗶𝗹𝗶𝘀𝗶𝗲𝗿𝗲𝗻.
Als Beispiel fällt mir hier sofort meine Ponystute Jade ein, die in all der Zeit in der sie bei mir lebte, immer auf der gezielten Suche nach entkrampfenden Kräutern war. Stand der Beifuß in Blüte, aß sie so viel davon wie sie bekommen konnte. Voll im Vertrauen ließ ich sie essen, dennoch wiederholte sich das Ganze Jahr für Jahr. Ich konnte sie dann zwar gezielt noch weiter unterstützen, aber die Ursache für ihre Probleme mit Bauchkrämpfen behob sich nicht von alleine. Ich dachte damals, dass es ja toll sei, wie sie sich dann selbst zu helfen weiß und kam erst kurz vor ihrem Tod auf die ganzen Zusammenhänge.
Z.B. biss sie immer die Zähne zusammen, ihre ganzen Kiefer- und Kopfgelenke waren total angespannt, sie hielt sich im Rumpf fest, was eine flache Atmung zur Folge hatte und eine angespannte Magen-Darm-Funktion. Wieso konnten die Kräuter das nicht auflösen? Weil ihre Rumpfträger durch zahlreiche Fohlen als Zuchtstute ausgeleiert waren. Das war die Ursache. Der Thorax hing im Verschleiß, dazu war die Lende fest und das ganze Pony war verhärtet. Nicht in ihrem Wesen, ganz und gar nicht, aber in ihrem Körper.
Für heute soll es dazu genug sein, aber die Thematik ist groß und es folgen sicherlich noch weitere Artikel. In meinem Buch widme ich dieser ein ganzes Kapitel inkl. der Entmystifizierung des „Steinklees“, der je nach Internetseite als giftige Pflanze gilt.
𝗨̈𝗯𝗿𝗶𝗴𝗲𝗻𝘀 𝗺𝗼̈𝗰𝗵𝘁𝗲 𝗶𝗰𝗵 𝗮𝗻 𝗱𝗲𝗿 𝗦𝘁𝗲𝗹𝗹𝗲 𝗻𝗼𝗰𝗵 𝗱𝗶𝗲 𝗗𝗮𝘁𝗲𝗻𝗯𝗮𝗻𝗸 𝗚𝗶𝗳𝘁𝗽𝗳𝗹𝗮𝗻𝘇𝗲𝗻 𝗲𝗺𝗽𝗳𝗲𝗵𝗹𝗲𝗻:
CliniTox: www.clinitox.ch / www.giftpflanzen.ch ISSN: 1662-7709 – Impressum – Buchempfehlungen (uzh.ch)
👉 𝗕𝘂𝗰𝗵 𝗚𝗮𝗻𝘇𝗵𝗲𝗶𝘁𝗹𝗶𝗰𝗵𝗲 𝗣𝗳𝗹𝗮𝗻𝘇𝗲𝗻𝗸𝘂𝗻𝗱𝗲 𝗶𝗺 𝗝𝗮𝗵𝗿𝗲𝘀𝘃𝗲𝗿𝗹𝗮𝘂𝗳:
https://xn--pflanzenwissen-fr-pferdehalter-kfd.de/buch/
👉 𝗢𝗻𝗹𝗶𝗻𝗲𝗸𝘂𝗿𝘀 𝘇𝘂𝗺 𝗕𝘂𝗰𝗵
https://xn--pflanzenwissen-fr-pferdehalter-kfd.de/angebote/jahreskurs/
👉 𝗔𝗿𝘁𝗶𝗸𝗲𝗹 𝘇𝘂𝗺 𝗧𝗵𝗲𝗺𝗮:
https://xn--pflanzenwissen-fr-pferdehalter-kfd.de/giftpflanzen/giftpflanzen-fuer-pferde-allgemein/
Quellenangaben
[1,3] Zitate aus: Ganzheitliche Pflanzenkunde im Jahresverlauf für Pferdehalter I Vanessa Michels I ePubli Verlag
[2] Zitat aus: Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie für die Veterinärmedizin , Hrsg. Hasso Fray & Wolfgang Löscher, 3. vollst.überarb. Auflage, 2010 Enke Verlag. Seite 599
[4] Zitat aus dem Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie für die Veterinärmedizin, Hrsg. Frey/Löscher, 3. Auflage, 2010 Enke Verlag, S.632