13/10/2017
Sehr gut geschrieben! So und nicht anders sollte es sein! 🙂
***TA oder THP – Das ist hier die Frage!***
Immer wieder lese, höre, sehe ich (egal ob hier bei Facebook oder anderen Formen der Interaktion), dass Tierhalter sich die Frage stellen: Was ist wohl besser? Was macht mehr Sinn? Wer hat mehr Kompetenz?
Ich möchte versuchen, diese Frage ein wenig zu beantworten und etwas Licht ins Dunkel bringen.
So versuchen wir einmal, das „Gesundwerden“ bzw. das „Gesundsein“ eines Tieres mit einem Haus zu vergleichen. Völlig gleich, ob es darum geht, dieses Haus zu bauen (das Tier zu heilen) oder das Haus zu erhalten und zu pflegen (das Tier gesund erhalten).
Vorab möchte ich unbedingt loswerden: Nur durch eine Zusammenarbeit aller Berufsgruppen, kann das Haus perfekt sein :-)
Wenn wir uns nun dieses Haus betrachten, so bedarf es hierbei mehrerer Fachmenschen -> Maurer, Maler, Elektriker, Dachdecker etc. … Keinen dieser Berufsgruppen können wir untereinander austauschen oder sie miteinander vergleichen, da jeder seine gelernte oder auch studierte Spezialisierung hat. Sie haben alle nur eines gemeinsam > Sie wollen ein wunderschönes Haus fertig stellen.
So ähnlich (vielleicht auch etwas übertrieben) verhält es sich mit dem Tierarzt, dem Tierheilpraktiker, dem Tierphysiotherapeuten und Tierpsychologen. Diese Berufsgruppen können einander nicht ersetzen oder austauschen. Sicherlich ist es möglich, sich zwei Berufe gleichzeitig anzueignen > Der Tierarzt kann auch Tierheilpraktiker sein > Der Tierheilpraktiker kann auch Tierphysiotherapeut sein und ein Tierphysiotherapeut kann ein Studium zum Tierarzt machen….. usw…..
Wie aber finden wir nun heraus, zu welchem der jeweiligen Berufsgruppen man gehen soll, kann oder gar muss?
Ich versuche das einmal an Krankheitsbeispielen in einer Kurzversion zu erklären. Bitte erschlagt mich nicht, wenn ich nicht alle Möglichkeiten aufzähle, jedoch würde das den Rahmen sprengen.
Krankheit Nr. 1: GIARDIEN!
Für die meisten Hundehalter ist bei Giardien der Gang zum Tierarzt die erste Wahl. Giardien sind ansteckend und nur schwer in den Griff zu bekommen. Viele wissen das und möchten natürlich sich und andere Tiere nicht gefährden. Der Tierarzt kann auch schnell handeln und verabreicht ein Medikament. Dies nimmt man in verschiedenen Abständen und nach einiger Zeit sollte das Problem erledigt sein. Das ist das, was der Tierarzt in jahrelangem Studium gelernt hat. Das hat auch all die Jahre immer wunderbar funktioniert. Nun kann es aber passieren, dass die Giardien immernoch vorhanden sind oder gar relativ schnell wieder kommen. Was nun? Nochmal zum Tierarzt und nochmal eine Runde Medikamente? Das ist sicherlich möglich und könnte auch zur Heilung führen. Aber gibt es noch andere Möglichkeiten? JA -Die gibt es. Hier kann man nun eine zweite Berufsgruppe hinzu ziehen > den Tierheilpraktiker. Dieser hat sicherlich keine 5 Jahre und mehr studiert….dennoch ist dieser in der Lage (auch durch seine langwierige und intensive Ausbildung), nach der Ursache der Giardien zu schauen. Ein vollkommen gesunder Hund kommt mit Giardien wunderbar alleine zurecht > demnach kann der THP davon ausgehen, dass vor ihm ein Hund sitzt, der neben den Giardien noch andere „Problemchen“ hat, welche sich meist als Ursache herausstellen. Somit wird in einer meist sehrumfangreichen Anamnese herausgefunden, wo der Haken ist. Wenn sich herausstellt, dass das Immunsystem nicht mehr korrekt funktioniert, kann der THP anfangen, dieses individuell an den Hund angepasst, aufzubauen. Ebenso wird er sich die Darmflora ansehen, ggf. einen Darmfloracheck durchführen / ein THP mit Fähigkeit und Labor hinten dran kann dies genauso wie ein TA). Somit hat der Hundehalter im Fall „Giardien“ die Wahl zwischen starker Chemie oder den sanften Weg über die Ursachenfindung.
Krankheit Nr. 2: Gebärmuttervereiterung
Eine Gebärmuttervereiterung kann im äußersten Fall lebensgefährlich werden und sollte (meiner Meinung) nicht ausschließlich allein von einem THP behandelt werden. Hierzu gehört eine umfangreiche Diagnostik durch einen TA, welcher in diesem Fall (im idealen Fall) mit dem Tierheilpraktiker zusammen arbeitet. Je nach Schweregrad kann der TA eine Sofortbehandlung durchführen und der THP kann den sanften Heilungsweg und Wiederaufbau im Anschluss durchführen.
Krankheit Nr. 3: Knochenbruch
Eine vernünftige Diagnose kann in diesem Fall nur ein TA durchführen, ggf. über eine Operation entscheiden. Aber auch hier kann ein THP im Anschluss an die OP die Heilung sanft unterstützen. Ein Tierphysiotherapeut sollte beim Wiederaufbau des Bewegungsapparates nicht fehlen.
Krankheit Nr. 4: Blasenentzündung
Das ist eine meiner Lieblingskrankheiten, da diese zu den größten Streitigkeiten überhaupt führen. TA oder THP? Was meint ihr? In diesem Fall, so bin ich ehrlich, kann ich keine pauschale Aussage treffen. In meiner Praxis ließ sich bisher jede Blasenentzündung sanft behandeln ohne dass diese wiederkam. Dazu bedarf es jedoch auch dem entsprechenden Untersuchungsmaterial um ggf. Abstriche und Urinproben zu nehmen. Jedoch sei jedem THP angeraten, stets für den Notfall einen TA in der Hinterhand zu haben. Auch eine anfangs harmlos scheinenden Blasenentzündung kann sich in eine unschöne und gefährliche Richtung entwickeln, wenn andere Umstände (manchmal nicht zu beeinflussen) hinzukommen.
Krankheit Nr. 5: Allergien
Oftmals gehen Tierhalter erst nach vielen erfolglosen Behandlungen durch den TA zu einem THP, als meist letzte Wahl, wenn der Hund schon auf 70% des Körpers kein Fell mehr hat. Das finde ich sehr schade, denn bei den allerersten Anzeichen einer Allergie macht es unheimlich viel Sinn, beide Berufe zusammen zu tun. Hierbei kommt sogar noch eine weitere sehr wichtige Gruppe in Betracht > Der Ernährungsberater. Um dem Tier hier schnell und vor allem langfristig helfen zu können, haben der TA, der THP und der EB wundervolle Mittel und Möglichkeiten, die einander ergänzen um dem Hund eine schnelle Heilung zu schenken und ein langes allergiefreies Leben zu schenken.
Ich hoffe, ihr versteht, was ich damit sagen will und würde mir für die Zukunft wünschen, dass es immer eine konstante und vor allem entspannte Zusammenarbeit zwischen all den Berufsgruppen gäbe. Vielleicht ist es in Zukunft möglich, dass am Behandlungstisch eines Tierarztes hin und wieder ein(e) THP assistiert ….das wäre doch schon mal ein Anfang. Ansonsten bin ich für meinen Teil sehr froh, dass ich eine Praxis gefunden habe, die im ständigem Austausch mit mir steht….
Eine Sache die ich unbedingt noch loswerden möchte: Oft wird über den Tierarzt geschimpft, weil dieser ja „mal schnell“ Chemie einwirft. Viele Tierhalter vergessen dabei jedoch, dass es für einen TA nicht immer leicht ist, einfach mal das Tier unbehandelt heim zu schicken und zu sagen „Wir warten mal noch etwas ab“ – WEIL: Ich würde behaupten, dass rund 60-70% der Tierhalter den Tierarzt quasi zu einer Behandlung drängen (reine Behauptung meinerseits ohne fundierte Studie)….kaum einer will sich mit „Wir warten mal ab“ einfach abspeisen lassen…… Ich habe das selbst in meiner Hospitation bei TAs immer wieder erleben müssen. Gebt eurem TA auch die Chance, mal KEINE Chemie zu nehmen….und auch einfach mal abzuwarten oder gar nur Nahrungsergänzungen o.ä. zu „verordnen“.
Ich konnte nur einige Krankheitsbilder anreißen, gerne könnt ihr mir Nachrichten senden, wenn ihr Fragen habt und unsicher bezüglich der Behandlungswahl seid. Bis dahin freue ich mich auf eure zahlreichen Feedbacks….gerne könnt ihr eure Erfahrungen mit den verschiedensten Berufsgruppen in den Kommentaren schildern.
Bis bald Eure Tierheilpraxis Berlin.