29/06/2023
Leider war.
Erfahrungsbericht, Medikamentenmissbrauch in der Hundewelt?
Vorab, damit sich nicht die Falschen angesprochen fühlen. Es gibt Fälle, in denen die Anwendung von Psychopharmaka beim Hund sinnvoll sind. Diese sollten aber engmaschig untersucht und von fachkundigen Tierärzten betreut werden, die den betreffenden Hund kennen, wirklich kennen. Diese sind hier nicht gemeint!
Auch gibt es die Schilddrüsenunterfunktion, welche ebenso behandelt gehört. Ihr seid nicht gemeint!
Online Training, Online Coaching, Online Tierarzt….die Digitalisierung macht’s möglich. Aber ist es immer gut?
In den letzten Jahren werden immer wieder Hunde bei uns abgeben, die teilweise starke verschreibungspflichtige Psychopharmaka bekommen. Man sollte meinen, diese Hunde haben schwere Verhaltensstörungen. Haben sie aber nicht. Bisher waren es schlichtweg Erziehungsdefizite.
Oder Schilddrüse, eine Modediagnose, die in den letzten Jahren inflationär durch die Hundeszene flog. Subklinisch. Natürlich gibt es sie. Und eine ordentliche Dignostik mit allen dazugehörigen Werten ist wichtig. Das ist keine Frage. Was aber u.M. nach nicht geht, sind Dosierungen jenseits von gut und böse. Mehrere Hunde, die wir betreut haben, hatten Dosierungen von sage und schreibe über 2000!! Microgramm pro Tag bei
Durchschnittsgewichten um die 40 kg. Wir sind keine Tierärzte, vergleicht man aber mit der vom Hersteller empfohlenen
Dosis, weicht diese massiv ab. Einige waren dadurch in eine Überfunktion gekippt.
Den Leuten wurde erzählt, dass eine Überdosierung nicht schlimm wäre, schließlich verstoffwechsele der Hund Thyroxin besser als der Mensch. Das bedeutet aber nicht, dass dermaßen überdosierte Hunde keine Nebenwirkungen bekommen. Im Gegenteil, das Herz und in Folge der gesamte Organismus nimmt Schaden, wenn dem Hund viel zu hohe Dosen über längere Zeiträume gegeben werden. Die Halter hatten teilweise mehrere Tierärzte um die Mengen an Thyroxin zu beziehen, da der behandelnde Haustierarzt zurecht mit dem Kopf schüttelte und ablehnte. Und das Schlimmste daran ist, dass diese Diagnosen und Therapiepläne oft von online Tierärzten stammten oder themenbezogenen Gruppen, in denen Laien Blutbefunde beurteilten. In einigen Fällen hatten die Tierärzte das betreffende Tier nicht einmal gesehen, es wurden lediglich Blutbilder und subjektive Erzählungen der Halter für die Diagnostik verwendet.
Einige Hunde hatten normale Werte, manche vielleicht minimal im unteren Normalbereich. Trotzdem gab es hochdosierte Pillen.
Bei drei Hunden wurde zur Euthanasie geraten, als sich trotz Medikamentencocktail keine Besserung im Verhalten einstellte. Alle 3 Hunde leben mittlerweile ohne Tabletten ein völlig normales Leben. Erziehung macht’s möglich. Der Trend normales Hundeverhalten als krank und damit behandlungsbedürftig abzustempeln ist gruselig. Anstatt sich mit Problemen auseinander zu setzen und Konflikte zu bearbeiten, werden Pillen in Hunde gestopft.
Das sind keine tictacs oder Globulis, sondern teils starke Medikamente. Wir stehen diesen (Online) Diagnosen sehr skeptisch gegenüber und finden es bedenklich, wieviel normales Hundeverhalten mittlerweile als krankhaft eingestuft wird. Anstatt Konsequenz, faire Grenzen und sinnvolle Beschäftigung mit dem Hund wird ein Konstrukt aus Therapieplänen und Medikamente gestrickt. Wir sprechen von unseren Erfahrungen. Unserer Meinung nach kann das nicht richtig sein. Hunde tun Hundedinge, je nach Genetik exzessiver und vielleicht störender. Deshalb sind aber die wenigsten psychisch krank. Wir hoffen unsere Erfahrungen sind traurige Einzelfälle, freuen uns aber über eure Erfahrungen damit und fairem Austausch.