11/01/2025
Wenn trotz dem allerersten Ratschlag den Gesundheitszustand des Hund abklären zu lassen nichts passiert, Trainingsempfehlungen nicht richtig umgesetzt werden und dann noch Schuldzuweisungen kommen, sind wir als Trainer raus...
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Hundehaltung ist (k)ein Spaziergang
Da hat man jahrelang davon geträumt - einen Hund zu haben, mit ihm die Natur zu erkunden, innige Zweisamkeit zu spüren, Blicke zu wechseln, sich blind zu verstehen, die Liebe eines Tieres zu besitzen, das einem die eigenen Mühen und Anstrengungen vielfach zurück gibt. Und nun das...
Der Hund pöbelt, zerrt, jagt, klaut, ist ungehorsam, ignorant, mega anstrengend und fordernd, haart, macht Dreck, gräbt den Garten um, nagt Dinge an, kann nicht allein bleiben. Oder er hat immer und überall Angst, jede Unternehmung wird zum stressigen Spießrutenlauf. Vielleicht ist er auch chronisch oder häufig krank, man vergeht in dauernder Sorge, zahlt Unsummen beim Tierarzt. Oder er beißt gar? Ist eine Gefahr für mich und meine Umwelt?
Irgendwas ist sicher dabei, in dem ihr euch und euren Hund wiederfindet. Trotz Training, Erziehung, Mühen und Anstrengungen ist er nicht perfekt, erschwert euch das Leben und manchmal ist euch alles einfach nur zu viel und ihr würdet am liebsten nur die Decke über den Kopf ziehen und alles ausblenden.
DAS IST NORMAL! Auch wenn euch eure Träume und Vorstellungen im Vorfeld dies nicht gezeigt haben. Es gibt keinen perfekten Hund, genau wie es nicht den perfekten Menschen gibt. Wie wir mit diesen Macken, Mühen des Alltags, Schwierigkeiten umgehen, liegt zuallererst einmal an uns, an unserer Einstellung, ob es uns gelingt, Negatives auszublenden oder zumindest zu relativieren und Positives für uns in den Focus zu rücken, und darauf zu konzentrieren.
Wer ein bisschen in Psychologie bewandert ist, kennt sicherlich die Experimente von Robert Rosenthal und den sogenannten Rosenthal-Effekt, in anderen Worten, das Prinzip der self-fulfilling prophecy. Bei diesen Experimenten wurde Lehrern gesagt, dass bestimmte (tatsächlich aber völlig willkürlich ausgewählte) Schüler vor einem großen Entwicklungsschub stünden. Die darauffolgende Erwartungshaltung der Lehrer (und unbewusste Andersbehandlung dieser Schüler) führte dazu, dass sich genau bei jenen Schülern eine stark überdurchschnittliche positive Entwicklung mit Steigerung des IQ um 20 % und mehr einstellte. Übertragen auf unsere Hunde können wir davon ausgehen, dass auch diese sich viel besser, schneller, positiver entwickeln und ausbilden lassen werden, wenn wir es ihnen zutrauen, an sie glauben, das Positive im Blick haben und ihnen und ihren Fähigkeiten wohlwollend gegenüber stehen.
Wie schaffen wir nun genau das?
1.) Nicht probieren, sondern TUN!
Wenn wir etwas beim Hund erreichen wollen, ein Verhalten abstellen oder eines erzeugen möchten, müssen wir dies in aller Bestimmtheit und innerer Fokussiertheit einfordern. Es ist nicht schlimm, hierbei auch mal einen Fehler zu machen, übers Ziel hinauszuschießen, Hunde sind fehlertolerant, viel schlimmer ist es, immer zu zaudern, zu überlegen, abzuwägen, welche Handlung beim Hund wohl welche Folgen nach sich ziehen könnte oder ob sie überhaupt zum Erfolg führen wird. Der Hund spürt unsere innere Haltung, die sich durch äußere Körpersignale spiegelt, aber andersherum auch unterstützen lässt. Steht aufrecht und fest, agiert flüssig und spontan, so werdet ihr auch für eure Hunde zum glaubwürdigen Anführer und Anker im Alltag.
2.) Den Hund akzeptieren
Die Verhaltensweisen des Hundes, die uns im Alltag stören, sind NIE böse Absicht. Der Hund agiert aufgrund seiner Instinkte, seiner Habituation und Sozialisation und seiner Gene - wo der eine Hund sich vorbildlich verhält, kann der andere aufgrund ebenjener Voraussetzungen zum momentanen Zeitpunkt (noch) nicht anders. Was er tut, ist fast immer normales Verhalten, das nur UNS stört. Es ist insofern sinnlos, wütend auf ihn zu sein und zeugt nur davon, dass wir mit falschen Erwartungen an den Hund und die Hundehaltung herangehen. Das heißt nun nicht, dass wir nichts dagegen unternehmen - siehe 1.). Aber eben im Idealfall in einer neutralen bzw. positiven Haltung und in innerer Erwartung der Veränderung. Oder aber nach 3.)
3.) Es muss nicht alles perfekt sein.
Manchmal tut man sich einen gemeinsamen Gefallen, Verhalten einfach nur zu managen. Sei es der Maulkorb, die Schleppleine, das Halti, der Hundesitter, der tagsüber nach dem Hund schaut, das Trenngitter in der Wohnung, oder das Vermeiden von Situationen, in denen der Hund pöbelt oder Angst hat. Auch medikamentöse Unterstützung kann manchmal Sinn machen. Dies dann nicht als Misserfolg oder Versagen einzuordnen sondern anzunehmen als "Ja, so geht es uns gemeinsam besser", ist wieder ein Prozess der inneren Haltung und verändert auch das Außen.
4.) Stellt innere Monologe ab und seid kongruent!
Innere Monologe im Umgang mit unseren Hunden sind häufig negativ. Das spiegelt sich im Außen, ihr seid nicht glaubwürdig für den Hund in dem, was ihr gerade von ihm fordert, da zaudernd, nicht „kongruent“. Kongruent zu sein bedeutet, im Umgang mit dem Hund diesem »auf allen Kanälen« nur eine einzige Botschaft zu geben. Körperhaltung, Stimme, Handlung müssen zusammenpassen und eben bestimmt das Ziel vor Augen haben. Beginnt, wie ein Hund zu denken, nämlich in Bildern. Als Beispiel: Wenn ihr am Zaun mit dem pöbelnden Nachbarshund vorbei wollt und fürchtet, dass auch euer Hund wieder beginnt zu pöbeln, blendet diese Gedanken aus, stellt den inneren Monolog ab: „jetzt beginnt er gleich wieder in die Leine zu springen, das wird total unangenehm und peinlich, hoffentlich kann ich ihn halten und wieder beruhigen…“ und fokussiert euch auf’s Ziel, stellt euch bildlich vor, wohin ihr jetzt wie laufen werdet und richtet euren Blick darauf, nicht auf euren Hund und auch nicht auf den Nachbarshund. Manchmal kann es auch hilfreich sein, laut und in ganzen Sätzen dem Hund mitzuteilen, was jetzt zusammen getan wird; durch eine solche bestimmte Aussage sind wir auch körpersprachlich klarer und auf das Ziel hingewandt. Und dann seid ihr kongruent und für euren Hund glaubwürdig. Das heißt nicht, dass damit alle Probleme plötzlich behoben sind, aber oft hilft dies wirklich enorm weiter.
5.) Seid begeistert von eurem Hund und genießt ihn!
Was kann er gut, was macht euch gemeinsam Spaß? Ist er ein toller Gefährte für eure Kinder? Liebt er und ihr die gemeinsamen Schmusestunden? Machen euch die gemeinsamen Streifzüge durch die Natur ruhig und glücklich? Kommt ein gemeinsamer Sport in Frage, für den ihr euch begeistern könnt? Ist er einfach nur ein ruhiger Anker im Haus nach einem anstrengenden Tag? Habt ihr einen schönen Hund? Tut euch sein reiner Anblick gut? Kommt er gut mit anderen Hunden klar, ist souverän und kommuniziert gut? Oder ist er menschenfreundlich und ihr könntet zusammen Senioren, Behinderte, Kinder beglücken?
Ich bin mir sicher, ihr findet IRGENDETWAS im Alltag mit eurem Hund, das euch Freude und glücklich macht! Dann lenkt hierauf euren Blick!
Macht doch mal eine Liste über all die positive Dinge im Zusammenleben mit Hund und wie ihr diese fördern, stärken und mehr Gewicht darauf legen könnt, um einfach noch mehr Genuss zusammen zu erleben.
6.) Gönnt euch Entspannung und eine Pause!
Selbstkontrolle ist eine endliche Ressource des Gehirns und steht nicht unbegrenzt zur Verfügung. Bevor der Akku leer ist, solltet ihr abschalten. Dazu kann es sinnvoll sein, sich auch mal eine Pause vom Hund zu gönnen. Bindet Familienmitglieder ein, beauftragt den Gassi-Gänger, macht mal Urlaub ohne Hund, eine Unternehmung ohne Hund. Danach seid ihr wieder besser in der Lage, schwierigen Situationen mit einem Lächeln zu begegnen!
© Angelika Prinz; Rundumhund-Ostalb