08/06/2024
Hitzschlag bei Hunden - die übersehenen Gefahren...
Während die Gefahr eines Hitzschlages für Hunde im geschlossenen Auto bei hohen Außentemperaturen in aller Munde ist, ist dieselbe Gefahr durch Überanstrengung (die bei brachyzephalen Hunden schon beim reinen Sitzen in der Sonne vorkommen kann) wesentlich unbekannter. Britische Auswertungen von Hunden mit Hitzschlägen ergaben, dass in geschlossenen Autos eingesperrte Hunde nur gut 5 % aller Fälle betrafen, während 95% andere Ursachen hatten.
Eine gefährliche Überhitzung geschieht immer dann, wenn die Körpertemperatur nicht mehr durch Hecheln im physiologischen Bereich gehalten werden kann.
Schwitzen oder Trinken spielen bei Hunden keine Rolle bei der Abkühlung, diese geschieht fast ausschließlich durch Hecheln, bei dem körperwarme Luft ausgeatmet und gegen kühlere Frischluft getauscht wird. Je wärmer und feuchter die Umgebungsluft ist, umso geringer ist das Temperaturgefälle, und je mehr das Hecheln eingeschränkt ist, desto geringer ist die Abkühlung ebenfalls.
Die Körpertemperatur steigt durch Muskelarbeit sowie durch die Außentemperatur. Bei der Kontraktion von Muskeln wird nur 25% der aufgewendeten chemischen Energie in Bewegung/Kraft umgesetzt. 75% der Energie wird als Wärme frei. Das kennt jeder von sich selbst. Auch wenn man im Winter noch so friert, mit entsprechender Bewegung wird einem wieder warm. Je wärmer es aber draußen ist, umso schneller heizen sich Hund oder Mensch durch Muskelaktivität auf, und umso wichtiger ist Abkühlung. Während dies bei großen Sportveranstaltungen schon lange berücksichtig wird und entsprechende Vorkehrungen getroffen werden, ist dies vor allem Besitzern von Familienhunden noch weitgehend unbekannt. Stöckchen werfen, bis der Arzt kommt, ist noch gang und gäbe, besonders bei Rassen, die rücksichtslos gegen sich selbst über ihre Grenzen gehen.
Ganz und gar unbekannt scheint zu sein, wie sehr brachyzephale Hunde, also solche mit verkürzten oder fast gar nicht mehr vorhandenen Nasen in ihrer Wärmeregulation eingeschränkt sind. Das breite Grinsen von Bulldoggen oder M***en ist nicht niedlich sondern ein Ringen um Luft und Abkühlung. Dies kann man bei Spaziergängen teils schon bei sehr moderaten Außentemperaturen beobachten.
Eine britische Auswertung von über 900.000 in Tierarztpraxen behandelten Hunden des Jahres 2019 ergab 1.259 Fälle von ernsthafter Überhitzung.
- Bei knapp 75 % von diesen war Überanstrengung die Ursache (exertional heatstroke).
- Hitzschlag durch fehlenden Schatten und fehlende Abkühlung ohne größere Anstrengung war in knapp 13% die Ursache.
- Aufenthalt im geschlossenen Auto war (nur) für ca. 5% der Fälle verantwortlich.
Es gab folgende Risikofaktoren:
- Junge, männliche Hunde waren am häufigsten durch Überlastung betroffen.
- Alte Hunde und solche mit Atmungsproblemen waren am häufigsten durch rein umweltbedingte Überhitzung betroffen.
- Brachyzephale Hunde wie Bulldoggen, M***e oder ähnliche Rassen mit verkürzter Nase waren in allen 3 Fällen von Hitzschlag am häufigsten vertreten.
Das Todesrisiko nach Überhitzung im geschlossenen Auto und das nach Überanstrengung war gleich hoch/niedrig, wobei ein Hitzschlag durch Überanstrengung 15-mal häufiger auftrat. Verschlimmert wird die Sachlage durch mangelndes Wissen über die Wichtigkeit schnellen Abkühlens und rechtzeitigem Abbrechen von Aktivitäten. Tauchen in kaltem Wasser ist die schnellste und beste Methode zur Abkühlung. Eiswasser ist zwar unangenehm, aber nicht schädlich, sondern sehr effektiv, aber natürlich hat es fast niemand im Notfall zur Hand. Betreuer von professionellen Schutzhunden in den USA führen Kühlbehälter mit Eis mit sich, so dass sie betroffene Hunde mit abwechselnd in dieses eisige Wasser getauchten Tüchern nass machen und kühlen können. Dies ist eine sehr effektive Methode, bei der kein fließendes Wasser nötig ist.
Brachyzephale Hunde können schon bei langsamen Spaziergängen in der Sonne oder sogar nur beim Sitzen im Garten oder auf dem Balkon ernsthaft überhitzen. Sie bedürfen besonderer Aufmerksamkeit.
Die Zahlen aus Großbritannien lassen sich auf Deutschland extrapolieren, auch wenn es durch die leicht höheren Temperaturen möglicherweise leicht höhere Gesamtzahlen geben könnte.
Aufklärungskampagnen zu Gefahren durch Überhitzung bei Hunden sollten nicht nur auf Autos fokussiert sein sondern deutlich machen, dass Hunde nicht nur in Autos an Hitzschlag erkranken oder sterben können. Im Gegenteil, diese Fälle sind mit 5% eine Minderheit im Vergleich zu den 95 % anderen Ursachen.
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7459873/