06/03/2024
Brauchen Hunde eigentlich Hundekontakte?
Der Hund ist das einzige Haustier, das den Kontakt zum Menschen im Zweifel dem Kontakt zu Artgenossen vorzieht. - So sieht das aus Sicht der Forschung aus. Essenziell scheinen Hundebegegnungen für unsere Vierbeiner also erstmal nicht zu sein. Warum sind sie aber trotzdem wichtig und schön?
Wer sich draußen in der Hundeszene bewegt trifft oft auf zwei Extreme. Die einen ziehen ihren vierbeinigen Kumpel bei jeder Hundesichtung ins Gebüsch, die anderen schubsen ihn total euphorisch auf täglich wechselnde Hundewiesen mit immer neunen, wechselnden Artgenossen. Wenn wir aus Kategorie 1 jetzt mal alle Hunde weglassen, die ein wirkliches Problem mit fremden Hunden haben (krank, sehr alt, aggressiv aus welchem Grund auch immer oder ängstlich (wirklich ängstlich)), dann liegt für alle anderen die Wahrheit, meiner Meinung nach, wie immer in der Mitte.
Die wenigsten Hunde wollen Kontakte zu ständig wechselnden Artgenossen. Trotzdem kommen viele Hunde ja irgendwie damit klar. Man trifft sich und setzt sich miteinander auseinander und daran ist ja erstmal nichts Schlechtes, solange nicht irgendeiner der Hunde trotz deutlicher körpersprachlicher Signale weiter bedrängt oder gegängelt wird. Ein Kommunikationseffekt ist vorhanden. Im besten Fall kann man sogar etwas lernen. Wie man deutlich "Nein" sagt zum Beispiel. Oder wie man richtig zuhört und das "Nein" des anderen akzeptiert.
In der menschlichen Kommunikation wäre das so ein zufälliges Treffen beim Warten auf den Bus: "Guten Tag, schönes Wetter heute. Darf ich Sie auf einen Kaffee einladen?" "Nein, danke." "Ok, schönen Tag noch." Würde jetzt über die Bedürfnisse des Ablehnenden hinweggegangen, wäre es schon irgendwie unschön: "Warum denn nicht? Warten Sie, ich bringe Sie noch direkt bis vor Ihre Haustür." - das braucht dann keiner. Die Situation ist für beide doof. Der eine wird bedrängt, der andere lernt nicht, dass das nicht in Ordnung ist.
Nun ist es aber so, dass Hunde erst lernen müssen richtig zuzuhören und sich ggf. zurückzunehmen. Im besten Fall lernen sie das auch schon im Kontakt zu ihren Menschen, aber auch im Hundekontakt muss Hund sich üben.
Eine Hundewiese voller unbekannter Hunde ist dabei aber eher sowas wie ein ziemlich krasses Speeddating. Viele Unbekannte, auch die Hundebesitzer können (wenn sie nicht gut vorgebildet sind) fremde Hunde oft nicht sofort richtig einschätzen und letztlich bleibt bei der Schlagzahl an Begegnungen auch für den Hund meist keine Zeit, sich wirklich auf etwas einzulassen, sich mit anderen auseinanderzusetzen oder zuzuhören. Auch brauchen gemachte Erfahrungen ihre Zeit, bis sie sich im Hundegehirn einsortieren - die Voraussetzung, dass der Hund etwas von ihnen hätte. Jagt nun eine Begegnung die Nächste, werden Hunde eher hektisch, trampelig und können nichts mehr richtig verarbeiten. Das ist einer der Gründe, warum die meisten Trainer und Co. nichts von Hundewiesen halten.
Die wenigsten Hunde spielen übrigens auf Hundewiesen wirklich. Denn zwei Voraussetzungen für echtes Hundespiel sind vertraute Spielpartner und eine entspannte Atmosphäre. Das wird schwierig, wenn man als Hund auf eine Wiese kommt wie auf eine Geburtstagsparty, auf der man nur den Gastgeber kennt. Hand hoch, wer da direkt Lust hätte auf eine Runde "Twister" oder "Wahrheit oder Pflicht".
Für Hunde wichtig sind also eher die RICHTIGEN Neukontakte oder Kontakte, die regelmäßig bestehen. Man kennt sich, man weiß wie der andere tickt. Klar ist es schön, wenn man dann noch einen Buddy findet, mit dem man auch wirklich toll spielen kann. Profitieren kann man als Hund aber auch vom gemeinsamen Laufen, Schnüffeln und einfach beisammen sein.
Gerade für Welpen und Junghunde darfs gern etwas mehr Kontakt mit den älteren, ausgeglicheneren Hunden sein. Die leben nämlich Verhalten vor und setzen im besten Fall auch noch angemessene Grenzen.
Fazit: Weniger ist meist mehr. Weiniger Durchdrehen, mehr wirklich kommunizieren. Weniger Hundekontakte, aber dafür die richtigen.