Fakt ist, dass Aggressionsverhalten von Hunden fast 70% meiner Kundschaft betrifft. Viele von ihnen leiden unter dem Verhalten ihrer Hunde, aber oftmals leiden sie viel mehr unter der Sorge etwas falsch gemacht und versagt zu haben, bewertet und verurteilt zu werden. So auch die Hunde. Auch sie werden verurteilt, bewertet und abgelehnt.
Aber warum? Der Hund hat einen Grund für sein Verhalten und weder die jetzigen Besitzer noch ich sind der Ursprung seines aggressiven Verhaltens. Ja, ich habe diesen Hunden gezielte Fragen gestellt und entsprechende Antworten bekommen, aber auch nur so kann ich das gezeigte Verhalten verstehen und ihnen und ihren Menschen helfen. Es ist wichtig hinzugucken, es sich anzugucken und sich einzufühlen, aber doch nicht den Menschen oder den Hund dafür zu verurteilen.
Wir sind nicht verantwortlich dafür, aber wir können ihnen bestenfalls helfen, ein neues Bild zu kreieren, um sich zukünftig so nicht mehr verhalten zu müssen.
Aggression gehört nun mal dazu, auch wenn sie nicht unserem Bild von Perfektionismus entspricht. Zwar wissen wir, dass wir nicht perfekt sind, dass unsere Hunde nicht perfekt sind oder auch unser Handeln innerhalb dieser Beziehung nicht immer perfekt ist, trotzdem tendieren viele von uns dazu, an dieser Illusion festzuhalten. Ja, das Streben nach Perfektion ist menschlich, so sind es Fehler aber doch auch.
Der Unterschied: Perfektionismus ist keinesfalls zielführend. Warum? Weil Perfektionismus keine positive Fehlerkultur erlaubt. Und genau das verunsichert Mensch und Hund! Egal, ob sich ein Mensch oder Hund „falsch“ verhält, jeder Fehler scheint ein Grund dafür zu sein, dass sich Andere über einen stellen, anstatt genau hinzusehen und mit Verständnis und Wohlwollen an ihr Gegenüber zu treten. Eine positive Fehlerkultur heißt doch, dass Fehler nicht als Versagen, sondern als Chance zur Weiterentwicklung gesehen werden. Das gilt für uns Menschen als auch für unsere Hunde!
… weil wir und unsere
Weil sie und viel mehr zuhören, als wir wahrnehmen…
Weil sie uns viel mehr zuhören, als wir wahrnehmen. Stetig sind wir mit den Gedanken überall und nirgends. Machen oft tausend Sachen gleichzeitig, erwarten aber von unseren tierischen Begleitern, dass sie stetig ansprechbar sind und uns zuhören. Aber hören wir ihnen wirklich zu? Nehmen wir ihre Bemühungen, uns zu verstehen – auch wenn wir unklar sind – wahr? Sind es die Hunde, die oft mit anderen Sachen beschäftigt sind und nicht wirklich mit uns in den Kontakt gehen, oder sind es wir, die verlernt haben, sie wahrzunehmen und zu fühlen und nur bewerten, was wir sehen?
So kam vor zwei Jahren im Rahmen eines Workshops die Idee auf, mit dem Hund „blind“ in die Kommunikation zu gehen - denn oftmals hält unser Sehsinn uns davon ab, zu fühlen und zu spüren. So auch bei dem Gespräch mit dem Hund. Wenn wir nicht sehen, was sie tun, bleiben wir im Gefühl der Liebe. Hören auf, zu denken, zu werten und sie stetig zu korrigieren.
Immer wieder kam bei mir der Gedanke auf, das Ganze nochmal ohne Leine zu testen. Die Leine gibt uns Sicherheit. Sie gibt uns Orientierung und Halt. Sie hält uns zusammen. Aber wirklich in Beziehung gehen, heißt ins Gespräch zu gehen und das ohne, dass wir mit den Augen denken, und ohne ein „Band der Verbundenheit“ wie die Leine. In Beziehung gehen heißt, bei sich zu sein, bei dem anderen zu sein. Sich mit dem anderen zu verbinden, sich zu verstehen oder aber auch misszuverstehen. Sich in den anderen reinzuversetzen sowie auch vom anderen abzugrenzen. Sich gegenseitig zu vertrauen, zu kooperieren, sich auch mal zu verlieren, um sich dann aber auch wieder zu finden.
Und genau das durfte ich so mit Black Pearl erleben. Ich war unfassbar gerührt zu sehen, wie sehr sie immer wieder versucht hat, mich richtig zu verstehen. Wie irritiert sie war, wie sie überlegt hat und bemüht war, mir zu folgen, auch wenn meine Körpersprache nicht klar war.
Wie kooperativ sie war und wie sehr sie in Beziehung geht, mit mir im Gespräch blei