24/11/2024
Ein wunderbarer Beitrag von Thomas der das beschreibt, was ich im Coaching lehre. Und obwohl das als "exotisch" gilt habe ich das unfassbare Glück, so viele tolle Hund Mensch Teams im Coaching zu haben, die genau dieses Weg gehen wollen. Und die, anhand meiner Hunde, und der Ergebnisse im Coaching erfahren dürfen, was alles möglich ist.
Wäre Zoe, die wirklich ein schwieriger Hund war [nachzulesen auf meiner Homepage] nicht zu uns gekommen und wäre sie nicht so eine Ka******ze gewesen, hätte ich nie verstanden worum es wirklich geht. Denn, bis zu dem Zeitpunkt, war ich mit Kettenwürger, Leinenruck und Schepperdose unterwegs 🫵😇🐕❣️
Sich auf einen einzulassen ist nicht schwer und kann eure gemeinsame Zukunft so signifikant ändern.
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Von der Hundeszene, Belohnungen und Strafen und von der Kuh im Quadrant
Ganz ehrlich, mal so unter uns: Irgendwie geht mir die „Hundeszene“ im Moment unheimlich auf den Zeiger. Ich meine damit natürlich nicht die Hunde – die können mir niemals auf den Zeiger gehen. Aber die Menschen innerhalb dieser „Community“ sind derart festgefahren, dass eine Weiterentwicklung praktisch immer im Keim erstickt wird. Im Keim einer quadrantierten Engsicht im Nebel vermeintlicher Wahrheiten.
Im Grunde genommen dreht sich alles ausschließlich darum, ob man Hunde über Belohnung oder über Strafe trainiert, was dabei „richtig“ ist – ob es nur über Belohnung geht, ob man ein wenig Strafe anwenden darf, wie viel Strafe akzeptabel ist und was ein Individuum überhaupt als Strafe empfindet. Dieser ausgelutschte Mittelweg muss immer wieder herhalten, als eine von vielen Rechtfertigungsformen, um Strafe immer und immer wieder zu etablieren. Es geht nur noch darum, ob, wie, wann, wo und wie viel belohnt oder bestraft werden darf, um Hunde zu funktionierenden Robotern „zu erziehen“.
Was mir fehlt, ist die Tatsache, dass Hunde unsere Sozialpartner sind und dass das Zusammenleben zwischen individuellen Lebewesen nicht darauf basieren sollte, wie ein Sozialpartner den anderen über Belohnung oder Strafe zum Funktionieren bringen kann.
Man stelle sich vor, zwei Menschen entdecken ihre Liebe zueinander, ziehen zusammen und gestalten ihr Zusammenleben und ihre Regeln über Belohnung und Strafe. Natürlich meckert man mal als „Strafe“, wenn der eine den Joghurt aus dem Kühlschrank klaut, oder man sagt nette Worte, wenn einem jemand z. B. Arbeit im Haushalt abnimmt. Das ganze Zusammenleben funktioniert aber in erster Linie durch gegenseitige Anpassung, durch Beobachtung dessen, was dem anderen gefällt oder nicht. Es basiert darauf, dass man sich im Kopf eine Vorstellung davon macht, welches Verhalten welche Konsequenz haben könnte, wie man freundlich miteinander umgeht und was dem anderen wichtig ist. Das sind Aspekte des kognitiven Lernens – einer Anpassung durch innere Prozesse und nicht durch die Verstärkung oder Hemmung von Verhalten, das durch äußere Umstände hervorgerufen wird.
Genau das ist nämlich das Hauptproblem: Belohnung oder Strafe, wie sie in der Hundeerziehung verstanden werden, beziehen sich auf die behavioristische Lerntheorie. Diese beschreibt die Verstärkung oder Hemmung eines Verhaltens, das durch äußere Reize ausgelöst wird. Wohlbemerkt äußere Reize! Das Verhalten wird dann angepasst: Bei Strafe wird es weniger, bei Belohnung mehr. Das ist ein Teil des Lernens.
Es gibt einen wissenschaftlichen Konsens darüber, dass dies ein TEIL des Lernens im Alltag ist. Menschen haben, um das besser verständlich zu machen, ein Gedankenmodell entwickelt. In diesem wird das Lernen über sogenannte Quadranten beschrieben, die Verstärkung (Belohnung) und Strafe differenziert darstellen. Das ist – wie gesagt – ein Gedankenmodell, ein Konstrukt, um diesen Teilbereich des Lernens besser zu verstehen. Ein wichtiger Teilbereich, aber eben nur ein Teilbereich.
Die Hundeszene hat diesen Teilbereich jedoch zu einem zentralen Punkt ihrer Weltanschauung gemacht. Es ist zu einer heiligen Kuh geworden – viele Hundetrainer*innen stecken in diesen Quadranten fest und finden keinen Ausgang mehr. Das betrifft sowohl diejenigen, die Belohnung bevorzugen, als auch jene, die mit Strafen Hunde zurechtbiegen wollen. Gefangen in Quadranten. Das klingt wie ein schöner Titel für eine Science-Fiction-Serie – ist aber leider die tägliche Realität in der „Hundeerziehung“.
Dabei ist Lernen vielfältiger als das bloße Hemmen oder Verstärken von Verhalten, das durch äußere Umstände hervorgerufen wird. Der größte Teil des Lernens passiert im Gehirn – durch innere Motivationen, durch das Vorausdenken möglicher Konsequenzen, durch Erkenntnisse, bevor man überhaupt ein Verhalten zeigt. Kognitives Lernen ist das Lernen, das in erster Linie unser Verhalten steuert: Erfolg oder Misserfolg des vorausgedachten Verhaltens, um etwas Gewünschtes zu erreichen. Erfolg oder Misserfolg, Erkenntnis durch innerlich zusammengesetztes Wissen – all das steuert Anpassung und Verhalten viel stärker, nachhaltiger und vor allem freundlicher als das Lernen über Belohnung oder Strafe. Das ist etwas, das in der Hundeszene einfach nicht ankommen will. Stattdessen wird weiter darüber diskutiert, wie viel Strafe in Ordnung ist und wie viel nicht. Wie man kognitives Lernen in den Alltag mit Hunden integriert, wird kaum thematisiert und gilt als exotisch – wenn überhaupt.
Eine Weiterentwicklung ist nicht in Sicht. Schade.
Wie gesagt: Verstärkung oder Hemmung sind laut wissenschaftlichem Konsens ein Teil des Lernens. Persönlich denke ich – und meine Erfahrungen bestätigen dies –, dass es immer besser ist, einem Hund etwas beizubringen, indem man mit Belohnungen arbeitet, zumindest im gezielten Training. Im Alltag und im Zusammenleben wendet aber jeder unbewusst mal eine „Strafe“ an. Wenn es nur darum geht, einen Hund daran zu hindern, auf eine Straße zu laufen – nicht, weil er schlecht trainiert ist, sondern weil beide in dem Moment unaufmerksam waren. Dann brüllt man den Hund vielleicht an, damit er auf den Straßenverkehr achtet. Streng genommen ist dieses Anschreien behavioristisch gesehen eine „positive Strafe“. Aber, wie gesagt, das kommt im Alltag vor. Im gezielten Training sollte man jedoch immer Belohnungen für – aus unserer Sicht – richtiges Verhalten vorziehen, weil es ethisch besser vertretbar ist und außerdem gefährliche Nebenwirkungen wie gesteigerte Aggressivität oder Angststörungen vermieden werden können, die durch Strafen entstehen.
Wie gesagt: Wir sollten endlich mal aus unserem „Quadrantenkopf“ herauskommen und verstehen, dass eine soziale Gemeinschaft nicht nur über Strafe oder Belohnung funktioniert. Vorleben, miteinander leben, inneren Vorgängen Raum und Zeit geben. Nicht nur trainieren, sondern zusammenleben – das sollte sich die Hundeszene mal zu Herzen nehmen. Vielleicht dreht sich die Hundewelt dann nicht mehr so im Kreis und bleibt dabei ständig in den Ecken der heiligen Kuh stecken. 😉