18/02/2025
Qualzucht hat viele Gesichter – Der schreiende Schäferhund ist eines davon
Ich habe kürzlich einen Beitrag geteilt, in dem ich darüber geschrieben habe, wie aus «Leistungszucht» Qualzucht geworden ist. Quba ist einer dieser Hunde. Diese extreme Nervenschwäche, die er mitbringt, macht ihm das ganz normale Leben oft zur Hölle. In diesem Video sieht man einen solchen Spaziergang, weil viele gefragt haben, wie das denn aussieht, wenn er so schreit. So sieht das aus. Man sieht keinen unerzogenen Hund, nein, man sieht einen komplett überforderten und verzweifelten Hund. Hochgradig gestresst. Und das an einem ganz normalen Wochentag. Einfach so. Wir haben hier nicht einmal etwas Aussergewöhnliches gemacht, aber wir waren halt nicht zuhause in der vertrauten Umgebung.
In der Regel setzt bei den meisten Hunden irgendwann Gewöhnung ein. Je mehr sie kennenlernen, desto besser kommen sie mit neuen Begebenheiten klar. Damit das funktioniert, sollten insbesondere zwei Dinge gegeben sein: Wesensstarke, ausgeglichene Elterntiere und gute Lernerfahrungen in den ersten Lebensmonaten. Beides trifft bei Quba leider nicht zu. Wir beide haben eher zufällig zueinander gefunden. Er kam nämlich mit knapp 6 Monaten zu mir auf Pflegestelle und da ist er nun, über 1.5 Jahre später, immer noch. Vieles war bei ihm eine Frage der Erziehung. Mittlerweile kann er sich sozial angepasst verhalten, jagt keine Fahrräder, Rehe und Kinder mehr, kommt zuhause wunderbar zur Ruhe, ist anständig mit Menschen, hält einen prima Radius im Freilauf und ist tatsächlich meistens ein angenehmer Weggefährte. Aber, wie man im Video unschwer erkennt, gibt es auch die andere Seite. Er ist hypergestresst und kommt nicht mehr aus seinem Film heraus. Die, die nun denken: «Korrigier’ den halt mal richtig», «Du musst den halt mit Futter zu dir holen», «Gib dem halt Medikamente» oder «Du musst den mit Hundesport auslasten», danke für die Tipps aber nein, denn mit so einem Hund hat man häufig schon alles und noch viel mehr durch. In der Hoffnung, irgendetwas möge helfen, dem Hund Linderung zu verschaffen. Mit einem solchen Hund kannst du aber nicht mehr kommunizieren und bei solchen Hunden kannst du auch nicht einfach eine Feel-Good-Pille einschmeissen. Solche Hunde brauchen auch ganz sicher keine Hundeplatzaktivitäten. Weil solche Hunde keine normalen Hunde sind! Wer noch nie mit solchen Hunden zu tun hatte, der hat leider nicht den Hauch einer Ahnung, wie diese Tiere funktionieren oder eben nicht «funktionieren». Da hilft tatsächlich nur eines: Aussitzen und hoffen, dass der Hund irgendwann im Kopf klarkommt. Das Aussitzen ist übrigens beschissen, weil man komplett machtlos ist und es richtig am eigenen Nervenkostüm zerrt und einen im Alltag einschränkt.
Das beste Leben für Quba wäre tatsächlich irgendein Hof, wo er den ganzen Tag seiner Bezugsperson hinterher latschen und abends mit dieser auf dem Sofa chillen könnte. Ohne Urlaub, ohne Hundebetreuung, ohne Hundesport, ohne Situationen, die sich immer wieder verändern. Einfach ein Tag, wie der andere. Leider kann ich ihm das nicht bieten und deshalb, müssen wir alle nun damit klarkommen, dass es ist, wie es ist.
Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann, dass solche Nervenbündel nicht mehr gezüchtet werden. Dass man ein solches Leben keinem Hund mehr antut. Egal, welche Rasse, schaut genau hin, wo ihr euch euren Hund holt. Schaut euch die Elterntiere an. Und zwar nicht einfach im Hinterhof, zuhause oder au dem Sportplatz. Sondern im ganz normalen Alltag, wo ihr auch mit dem Hund unterwegs sein wollt.
Gabriela Frei-Gees, eDOGcation