18/08/2024
Serie Bewegungsapparat Hund – wie hilft Osteopathie?
Teil 1: Das Becken des Hundes
Der Antrieb für die Vorwärtsbewegung kommt beim Hund aus der Hinterhand. Die Hintergliedmaße schiebt den Körper sozusagen vorwärts. Dabei machen die Hüftgelenke 80% der Schrittlänge aus, Kniegelenke und Sprunggelenke teilen sich die restlichen 20%. Das Becken übernimmt damit wichtige Funktionen an der Bewegung des Hundes. Gleichzeitig sind das knöcherne Becken und die angrenzenden Abschnitte der Wirbelsäule (Lenden- und Schwanzwirbel) Sitz vieler Erkrankungen, ebenso wie die Hüftgelenke. Die Kreuzdarmbeingelenke und die knorpelige Verbindung (Symphyse) beider Hüftbeine an der Unterseite des Beckens erlauben zwar eine gewisse Federung, trotzdem landet ein Hund aus der Bewegung oder einem Sprung immer auf der Vorderhand, wenn es irgendwie geht! Das kennen alle Halter von Hunden mit Freilauf, aber warum ist das so? Das liegt daran, dass die Winkelung der Vordergliedmaße maximale Stoßdämpfung ermöglicht und insbesondere das (gesunde) Schulterblatt ist sehr beweglich, dazu mehr in "Teil 2" dieser kleinen Osteopathieserie. Wenn, z.B. im Hundesport, die Landung auf der Hintergliedmaße erforderlich wird, hat dies eine extreme Stauchung und Beanspruchung der Hüftgelenke und des Beckens zur Folge. Manche Sportarten wie Frisbee sind aus orthopädischer Sicht für Hunde daher eher nicht geeignet, genauso wie einseitige Bewegungen, bei denen der Hund über langen Zeitraum nur eine Gangart nutzt, wenn er z.B. neben dem Fahrrad läuft. Hunde brauchen immer vielfältige Bewegung (dazu gehören Lokomotion, die Fortbewegung - aber auch Ideomotion, wie Putzen, Kratzen, Strecken etc.), um die Gelenke gesund zu erhalten.
Gute Beobachtung ist hier wichtig! Liegt mein Hund wie immer? Putzt er sich? Wie schüttelt er sich?
Eine osteopathische Untersuchung mit Gangbildanalyse ist extrem hilfreich, um schon kleine Einschränkungen der Beweglichkeit, leichte Schonhaltungen, Fehlbelastungen frühzeitig zu erkennen und nach Möglichkeit zu beseitigen. Gerade das Becken ist bei vielen Patienten das erste Symptom für bestehende Gelenkerkrankungen. In der Gangbildanalyse wird deutlich, wenn das Becken eines Hundes nicht frei schwingt, der Hund im Gang z.B. viel mit der Rute arbeitet oder einen sog. „LSÜ-Twist“ zeigt. Die Ursache von „Blockaden“ der sogenannten Kreuz-Darmbein-Gelenke (kennen wir auch als Mensch :-)) können dabei aber in ganz anderen Körperregionen, bis hin zur Halswirbelsäule, liegen. Eine osteopathische Untersuchung ist deshalb immer „ganzheitlich“. Das bedeutet, die Untersuchung konzentriert sich nicht nur auf mögliche Gelenkerkrankungen, sondern schließt immer auch die Muskulatur, die Faszien und das Nervensystem, sowie innere Organe mit ein.
Die Fotos zeigen den Übergang von der Lendenwirbelsäule zum Becken (lumbosakraler Übergang, "LSÜ") am Skelett, bei der Assistentin und eine sanfte osteopathische Behandlung möglicher Bewegungseinschränkungen in diesem Bereich.
Tiere können uns ja nicht sagen, wenn etwas "schmerzt", nur zeigen und manche Tiere möchten das auch lieber verheimlichen.
Wie immer mein Rat, beobachten Sie Ihre Tiere gut, um Schmerzen oder Verhaltensänderungen frühzeitig zu erkennen!
Und nutzen Sie Osteopathie nicht nur bei Erkrankungen, sondern schon für die Frühsterkennung, denn Muskelverspannungen, als Zeichen möglicher Dysbalancen, lassen sich nicht verheimlichen. Erhöhte Muskelspannung und Bewegungseinschränkung lassen sich immer ertasten - das ist für mich eines der größten Geschenke der Osteopathie, die Schmerzen der Patienten "fühlen" und lindern zu können.