06/12/2023
Zum -etwas abgeänderte Geschichte von Eleonore Schmid
„Wach auf, Siebenschläfer, Sankt Nikolaus ist da!“
Glisglis lebt allein auf einer alten Eiche. Wie alle Siebenschläfer schläft er den ganzen
Tag. Jeden Abend wacht er auf, um aus seiner Baumhöhle zu kriechen und Essen zu
finden. Dick will er werden, damit er in seinem langen Winterschlaf nicht verhungert.
Er sucht Früchte, Pilze, Nüsse oder nagt süsse Baumrinden. Wenn es im Herbst kühl
wird, kuschelt sich Glisglis in sein Nest und wacht erst im Frühling wieder auf.
So hat Glisglis jedes Jahr den Nikolaustag verschlafen. Er kennt ihn nur aus den
Erzählungen der anderen Tiere. Doch diesmal will auch Glisglis den Nikolaus sehen. Wenn er nur wüsste, wie er sich am Besten wach
halten könnte. Vielleicht etwas mehr fressen, oder nur ein wenig vor sich hin dösen, … „Drr, drr, …“, Glisglis schrickt auf. Über seiner Höhle
bohrt der Specht ein Loch in den Stamm. „War der heilige Nikolaus schon da?“, fragt Glisglis hastig. Der Specht schüttelt den Kopf und
bohrt weiter. „Weisst du, wann er kommt?“, fragt Glisglis. „Wenn es kalt ist“, antwortet der Specht. Aber es ist doch schon kalt, denkt
Glisglis und verkriecht sich wieder. Kurz darauf kommt ein Eichhörnchen den Baum heraufgeklettert und bittet Glisglis um eine Eichel.
„Ich finde meine Vorräte nicht“, sagt es, „und ich bin hungrig.“ Glisglis gibt ihm eine Eichel. „Hast du den heiligen Nikolaus gesehen?“,
fragt er. „Ich möchte ihn diesmal nicht verpassen. Die anderen Tiere sind wach und freuen sich auf ihn, aber ich schlafe und weiss nicht,
wann er kommt.“ „Ich rufe dich, wenn er da ist“, sagt das Eichhörnchen und springt schon wieder weiter.
Die Eule kennt den kleinen Glisglis. Sie hat alles gehört. Glisglis friert. Er kuschelt sich wieder in sein Nest und schläft. Draussen wird es
immer kälter und eines Nachts fällt der erste Schnee. Im Gebüsch lauert der Fuchs, plötzlich spitzt er die Ohren. Am Waldrand kann er ein
Licht sehen. Der heilige Nikolaus kommt mit seinem Esel durch den Schnee gestapft. Bei jedem Schritt klingen die Glöcklein – zuerst leise,
dann immer lauter. Auf dieses Zeichen haben die Tiere im Wald gewartet. Von allen Seiten hüpfen, springen und fliegen sie zur Lichtung.
Jetzt ist der heilige Nikolaus da! Aus einem dicken Sack holt er Rüben, rote Äpfel und Brot hervor. Die Tiere sind ganz gespannt. In dieser
Winternacht hat kein Tier Angst vor dem anderen. „Kommt, ihr Hirsche, Hasen, Rehe und Füchse“, murmelt der heilige Nikolaus und
streichelt die Tiere. Jedes lässt dem anderen etwas Platz. Für jedes Tier hat der Nikolaus eine Köstlichkeit mitgebracht.
Etwas müde hat sich der heilige Nikolaus hingesetzt. „Seid ihr alle satt?“, fragt er, „Habe ich niemanden vergessen?“ Das Eichhörnchen
spitzt die Ohren, bewegt den Schwanz hin und her. Es hat etwas versprochen, aber es weiss nicht mehr was. Unruhig schaut es von einem
Tier zum anderen. Irgendwo ruft die Eule: „Uhuu, uhuu, wach auf Glisglis, wach auf, komm schnell“, sagt sie, „der heilige Nikolaus ist da.
Ich zeige dir den Weg zu ihm.“ Glisglis hat ganz steife Beine. Er reckt und streckt sich. Er sieht kaum aus den Augen. Wie hat sich der
Wald verändert! Der Schnee glitzert, so viel Weiss hat Glisglis noch nie gesehen. Wie im Traum springt Glisglis von Ast zu Ast. Der heilige
Nikolaus schaut zum Baum hinauf und streckt Glisglis die Arme entgegen. Ganz wild schlägt das Herz des Siebenschläfers. Er springt.
Warme Hände halten ihn und ein freundliches Gesicht schaut ihn an. „Glisglis, ich habe auf dich gewartet. Jetzt bist du bei mir“, lacht der
heilige Nikolaus und streichelt ihn sanft. Dann greift er in seine Tasche und gibt ihm seine Lieblingsleckereien. Glisglis ist glücklich. Es ist
tiefe Nacht geworden. Der heilige Nikolaus muss weiter. Beim Abschied- nehmen hat er für jedes Tier ein gutes Wort.
Leise verlassen die Tiere die Lichtung. Noch lange raschelt, knackt und flattert es im Wald, bis jedes wieder seinen Platz gefunden hat. Nur
Glisglis, der Siebenschläfer, kehrt nicht zurück zu seinem Baum. Er ist in der Manteltasche des heiligen Nikolaus glücklich eingeschlafen.