04/10/2020
Mal wieder was Interessantes zum Abend 🤓
Der Rumpftrageapparat – oder: warum es so wichtig ist, dass das Pferd den Widerrist anhebt!
Ich versuche meinen Kunden oft zu erklären, wie wichtig es ist, dass Pferde im Training ihren Widerrist, beziehungsweise den Brustkorb anheben. Oftmals ernte ich allerdings ratlose Blicke, denn Reiter sind in den seltensten Fällen versiert in der Anatomie ihres Reittieres. Deshalb dachte ich mir, ich versuche das ganze Prinzip einmal bildlich darzustellen und so möglichst anschaulich und verständlich zu erklären. Ich hoffe, es gelingt mir :-)
Erstmal ist es sehr wichtig zu wissen, dass das Schulterblatt (Scapula) lediglich muskulär am Brustkorb des Pferdes befestigt ist. Pferde besitzen kein Schlüsselbein und damit keine knöcherne Verbindung der Vordergliedmaße zur Wirbelsäule.
Der wichtigste Muskel, wenn wir vom sogenannten „Rumpftrageapparat“ sprechen, ist der gesägte Muskel (Musculus serratus ventralis). Aber auch die verschiedenen Anteile der Brustmuskulatur helfen dabei, den Brustkorb zwischen den Schulterblättern zu fixieren. In der jeweiligen Frontalansicht ist der Unterschied zwischen einem schwachen und einem starken Rumpftrageapparat zu erkennen.
Die Abbildungen darüber zeigen zwei Pferde im Trab. Das eine geht in maximaler Aufrichtung (gleichzeitig mit falschem Knick im Genickbereich). Die maximale Aufrichtung wird in diesem Fall von einer starken Reiterhand herbeigeführt. Das hat eine negative Kettenreaktion zur Folge. Die obere Halswirbelsäule wird gestaucht, genau wie der Übergang von der Hals- zur Brustwirbelsäule (eingekreiste Bereiche), da das Pferd in dieser Zwangshaltung nicht in der Lage ist, den Brustkorb anzuheben. Er sinkt zwischen den Schulterblättern ab, das Pferd drückt den Rücken weg und die Hinterhand kann nicht locker unter den Körperschwerpunkt treten. Außerdem zieht das Pferd sein Vorderbein aktiv über den Kopf-Arm-Muskel zuerst nach oben, um es dann nach vorn zu führen, was sehr anstrengend ist (Schaut euch dazu auch meinen anderen Beitrag über den „Lanzenstich“ an). Dieses verbrauchende Bewegungsmuster führt früher oder später zu Trageerschöpfung und Problemen mit dem Bewegungsapparat.
Daher ist es bei der Gymnastizierung des Pferdes so wichtig, seine Anatomie zu kennen. Denn nur, wenn man weiß, nach welchen biomechanischen Grundsätzen der Pferdekörper funktioniert, kann man ihn langfristig stark und gesund erhalten.
Betrachten wir nun die rechte Abbildung. Dieses Pferd trabt mit angehobenem Brustkorb. Das entstaucht als erstes den Übergang von der Hals- zur Brustwirbelsäule. Das Genick ist bei diesem Pferd der höchste Punkt und es entsteht in diesem Bereich keine Stauchung. Die Nasenlinie ist vor der Senkrechten. Das ganze Pferd hat eine Bergauftendenz und schwingt über einen gewölbten Rücken von hinten nach vorne durch den Körper.
In diesem Fall führt der angehobene Brustkorb also zu einer positiven Kettenreaktion. Das Pferd kann den angehobenen Widerrist als Umlenkrolle für sein Nacken-Rücken-Band verwenden und so einen positiven Spannungsbogen aufbauen. Nach dem selben Prinzip funktionieren auch reelle Versammlung und eine gesunde vorwärts-abwärts Haltung. Der Dreh- und Angelpunkt ist der kräftige Rumpftrageapparat, der die Bewegungen des Pferdes durch leistungsfähige Muskeln abfedern kann und den Brustkorb stabil zwischen den Schulterblättern fixiert.
Und das ist eigentlich auch schon alles, was ich veranschaulichen möchte. Den Zusammenhang zwischen einem starken Rumpftrageapparat und einem gut gymnastizierten Pferd. Und welche negativen Auswirkungen ein untrainierter Rumpftrageapparat hat.
Ihr seid euch nicht sicher, ob euer Pferd einen ausreichend gestärkten Rumpftrageapparat hat und ihr möchtet wissen, wie ihr ihn am effektivsten trainieren könnt? Oder euer Pferd hat womöglich eine alte Trageerschöfpung und ihr braucht Hilfe, um es mit gezieltem Training wieder zu stärken? Im Rahmen einer osteopathischen Behandlung kläre ich mit euch genau diese Fragen und helfe eurem Pferd, Bewegungseinschränkungen zu beheben! Ruft mich an, oder schreibt mir eine Mail :-)