03/12/2022
Liebe Tierbesitzer,
auch wir wollen ein Statement zu der neuen GOT (Gebührenordnung für Tierärzte) geben.
Die letzte Fassung und die entsprechenden Preise waren von 1999. In den letzten 23 Jahren hat sich natürlich viel verändert, auch in der Tiermedizin.
Wir verstehen, das es den meisten Tierhaltern in der aktuellen wirtschaftlichen und finanziellen Lage schwer fällt, Verständnis für Preisanpassung in der Tiermedizin aufzubringen. Dazu der Hinweis, das die GOT vom Gesetzgeber erstellt wird und mehrere Jahre bis zur Herausgabe braucht. Diese Fassung entstand also vor Corona und der Energiekrise.
Alle Tierarztpraxen sind verpflichtet, sich an diese Preise zu halten und eine Unterschreitung ist strafbar.
Was hat sich für die Tierarztpraxen in den letzten Jahren verändert, was die Preiserhöhungen rechtfertigt?
- die medizinischen Ansprüche:
- Narkosen wurden dem Standard der Humanmedizin
angeglichen (weniger Sterblichkeit durch präzise steuerbare
Narkosetiefen, verschiedenste Narkosemedikamente, die
Möglichkeit der Narkose-Aufhebung nach der OP,
Inhalationsnarkosen, Narkoseüberwachung mit EKG, O2-
Sättigung, CO2-Sättigung, Temperaturüberwachung,...)
- Diagnostikmöglichkeiten: Ultraschall, Digitales Röntgen,
Dentalröntgen, hochwertige Mikroskope, Endoskopie, EKG,
Blutdruckmessung, Inhouselabor
- Dokumentationsaufwand enorm gestiegen
(Apothekenverordnung, Arzneimittelgesetz, Dokumentation für
Behandlungen von "Nutztieren" wie Schafe, Rinder, Ziegen u.ä.)
- die Gehälter: natürlich wollen Tierärzte, tiermedizinische
Fachangestellte/Tierarzthelfer, Büroangestellte und
Reinigungskräfte von ihrem Verdienst leben.
- Weiterbildungsaufwand und deren Kosten: Tierärzte und
Tiermedizinische Fachangestellte durchlaufen jährlich unzählige
Weiterbildungen um Gesetzlichkeiten einzuhalten (z.B.
Röntgengenehmigung) oder sich auf den neusten Stand zu
Themen wie Narkosemanagment, Medikamente und neue
Krankheiten schulen zu lassen
- Praxiskosten: Natürlich sind auch unsere Ausgaben (Miete,
Nebenkosten) in den letzten 23 Jahren enorm gestiegen
Vielleicht ist es schon in diesem Zusammenhang für den Ein oder Anderen bereits jetzt verständlich, das eine 23-Jahre alte Preisliste nicht mehr ganz umsetzbar war.
Nun fällt es häufiger auf, das die Tierärzte im Vergleich sehr unterschiedliche Preise haben. Das wollen wir ein wenig erläutern.
Die GOT gibt uns für fast jeden Handgriff eine abzurechnende Leistung vor. Das bedeutet, das sich der Preis aus den erbrachten einzelnen Leistungen ergibt.
Gerade bei Operationen macht es einen riesen Unterschied, welche Narkose benutzt wird (Inhalationsnarkose, Injektionsnarkose, Sedation...)
Das Günstigste ist in der Regel eine Injektionsnarkose (auch Kurznarkose) - Sie hält in der Regel für sehr kurze Eingriffe (Wundnaht, gebrochene Kralle ziehen, Entfernung Warze...)
Sie ist aber für längere Operationen nur bedingt geeignet, da sie nach kurzen Abständen während der Operation immer wieder vertieft werden muss und die Wirkung nicht optimal steuerbar ist.
Deutlich teurer ist eine Inhalationsnarkose. Dieser Narkosetechnik geht eine Injektionsnarkose vorraus, da das Tier zur Intubation bereits schlafen muss. Diese Narkose ist für längere OPs oder für OPs mit nicht absehbarem Zeitaufwand besonders gut geeignet und hat noch mehr Vorteile, die gleich erklärt werden.
Die Inhalationsnarkose lässt eine sehr gute Narkoseüberwachung zu (EKG, Sauerstoffsättigung, Kohlenstoffdioxidsättigung, Atemfrequenz, Körpertemperatur, Blutdruck) und die Beatmung bei Narkosezwischenfällen ist schnell möglich. Hier kann ein Abweichen der Werte sofort erkannt und Narkosezwischenfälle durch Regulierung des Narkosegases und den entsprechenden Medikamenten entgegengewirkt werden.
Auch die Narkosetiefe kann genaustens reguliert werden.
Für diese Narkose wird neben dem operierenden Tierarzt ein steriler Helfer (Assistenz bei der OP) und ein unsteriler Helfer für die Narkose gebraucht (Überwachung und Regulierung der Vitalparamerter, Schnelles Eingreifen bei Abweichungen, Schreiben des Narkoseprotokolls).
Der preisliche Unterschied zwischen der Injektionsnarkose und der Inhalationsnarkose ist schon enorm. Da ist das Narkosemanagment oft ein ausschlaggebender Faktor bei der Preisgestaltung einer Operation.
Aber natürlich läuft im Hintergrund noch viel mehr als nur die Operation an sich.
Das Personal bereitet den OP vor, angepasst an die individuellen Ansprüche des Patienten und der geplanten OP. Der Patient wird nach dem Einschlafen an der Operationsstelle geschoren, mehrmalig desinfiziert, gelagert, eine Flexüle wird gelegt, gegebenenfalls eine Infusion angeschlossen, ein Tubus geschoben. Bevor das Tier den OP verlässt, wird es gereinigt, Fell wird geputzt, Blutreste entfernt, Vitalparameter ein weiteres Mal gemessen, letzte Medikamente werden verabreicht, es wird ein Narkosemittelantagonist verabreicht, was das Aufwachen beschleunigt und die Narkose schnell beendet. Der Patient wird in der Aufwachphase überwacht (Körpertemperatur, Atmung, Farbe der Schleimhäute, Bewegung, Schmerzäußerung) und natürlich auch beruhigt. Nach der Operation wird der OP wieder gereinigt, desinfiziert und für den nächsten Einatz vorbereitet. Ebenso muss die Station nach der Übergabe an den Besitzer gereinigt und desinfiziert werden.
Der Zeitaufwand für das Praxisteam geht also über die reine OP-Zeit deutlich hinaus.
Das ist nur ein kleiner Einblick der reinen Leistungen bei einer planbaren OP ohne Narkosezwischenfall.
Hier sehen Sie die Gründe für einen höhren Aufwand, welche jedoch mehr Sicherheit und Ruhe für Ihre Lieblinge bedeuten.
Eine rein injektionsnarkose basiertes Herangehen birgt für unsere Patienten ein erhöhtes Risiko und würde für uns einen Rückschritt darstellen.
Wer sich für qualitatives Narkosemanagment entscheidet, die Narkoserisiken deutlich reduziert, die Technik und das Personal dafür vorhält, wird auch spürbar teurere OP`s durchführen.
Nun kommt es auf den Anspruch des Tierbesitzers an. Wir als Praxis werden uns an ein hohes Niveau unserer Arbeit und der damit verbundenen Technik halten, da wir im Falle eines Zwischenfalls nicht nur Achselzuckend reagieren wollen. Wir haben das Leben jedes Patienten in der Hand und werden unsere Sorgfaltspflicht nachgehen.
Zum Thema Impfungen:
Man könnte jetzt sagen, so eine Spritze ist ganz schön teuer...
Allerdings hängt auch da wieder nicht nur der Tierarzt dran, sondern auch der Helfer, der Ihnen zur Seite steht, wenn das Tier gehalten werden muss, der die Impfung vorbereitet, den Pass vorbereitet, die Kartei öffnet, den Tisch nach Ihrem Besuch reinigt, die Spritzen am Ende des Tages auffüllt, die Impffstoffbestände sichtet und Medikamente bestellt, Die Nette Dame am Empfang, die sich um eine möglichst kurze Wartezeit bemüht, telefonische Erreichbarkeit generiert, die Patieten im Einagng mit frischem Wasser versorgt, Sie Abrechnet und Ihnen natürlich auch neue Termine gibt. Nicht ganz zu vergessen, arbeiten im Hintergrund auch noch eine Reinigungskraft und natürlich eine Bürokraft.
All dieses Personal benötigen wir, damit wir für Sie da sind - gut erreichbar, mit kurzen Wartezeiten, fast 10h täglich, technisch ausgestattet für sämtliche Notfälle und natürlich auch Unberechenbares wie z.B. plötzliche Notfälle die schnell dazwischen geschoben werden müssen.
Die Preise beinhalten oft viel mehr als man als Tierbesitzer sehen kann. Vielleicht konnten wir Ihnen einen kleinen Einblick geben.
Wir bieten Ihnen Tiermedizin auf einem hohen Niveau.
Mit herzlichen Grüßen
Das Praxisteam
Tierärzte mit Herz