18/06/2025
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MEIN WELPE WILL NICHT LAUFEN
Fast jeder Welpenbesitzer kennt es: Besonders sehr junge Welpen sind anfangs kaum dazu zu bewegen, das neue Zuhause mit ihrem Menschen für eine Gassi-Runde zu verlassen. Sie setzen sich einfach hin und sind auch durch gutes Zureden, Locken mit Leckerchen, Zug an der Leine etc. kaum vorwärtszubewegen.
Das ist erst mal völlig normales Welpenverhalten! Ein Welpe in der freien Natur, egal ob Wolf, wilder Hund oder Straßenhund, verlässt in den ersten drei bis vier Monaten den unmittelbaren Raum um seine Wurfstätte nicht, auch nicht zusammen mit erwachsenen Rudelmitgliedern. Die Kleinen haben eine sogenannte „Ortsbindung“, was die Natur gut eingerichtet hat, denn rund um die Wurfhöhle ist es am sichersten; würden sie mit ihren erwachsenen Artgenossen gleich mitziehen auf Jagd oder Futtersuche, wären sie dem körperlich ohnehin noch nicht gewachsen, würden wohl abgehängt und wären dann ganz allein der gefahrvollen Umwelt ausgeliefert, womöglich sogar dem Tod preisgegeben.
Unsere Haushunde sind zwar schon lange domestiziert, aber manchmal kommen doch noch ein paar Urgene durch. Warum auch sollte sie sich unnötig in Gefahr begeben.
Nun könnte man natürlich einfach mit dem Welpen zu Hause bleiben, ihn sich im heimischen Garten lösen lassen und schlicht abwarten, bis der Radius von selbst größer wird und der Welpe sich traut, hinauszugehen in die große weite Welt. Das kann man in den ca. ersten 7 Tagen, nachdem der Welpe eingezogen ist, auch durchaus tun, sofern man einen passenden Garten hat, denn in dieser Anfangszeit ist ohnehin alles neu und die Eindrücke im neuen Zuhause ausreichend viele, um die Entwicklung des Welpen voranzubringen.
Dann aber sollte man definitiv seinen Radius mit Hund erweitern, um die sensible Phase des Welpen, in der er extrem gut an die Umwelt, Dinge, Menschen, Tiere gewöhnt werden kann und schnell und nachhaltig lernt, nicht ungenutzt verstreichen zu lassen. Alles, was der Hund erst im Junghundehalter oder noch später kennenlernt, wird tendenziell nämlich sonst zeitlebens Angst erzeugen, was den Alltag mit Hund sehr erschweren kann.
Bei den meisten Welpen hilft es schon, wenn man sie ganz einfach die ersten fünfzig bis hundert Meter trägt und sie dann auf den Boden setzt. Ganz viele Welpen haben dann kein Problem mehr mit dem Gassi gehen. Wenn man den Welpen jedes Mal ein bis zwei Meter weniger weit trägt, wird er sehr bald direkt von zuhause loslaufen. Auch mit dem Auto kann man immer wieder mal rausfahren, an neue Orte in der Natur, wo man auch den sogenannten „Bindungsspaziergang“ gut einfließen lassen kann (mehr Infos dazu kommen noch). Zudem wird der Welpe so auch gleich das Autofahren gewohnt.
Allerdings gibt es auch Exemplare, die sich auch weiter weg von zuhause schlicht hinsetzen und nicht wirklich laufen möchten. Hier heißt es Geduld haben, manche Individuen sind dermaßen von den vielen Umwelteindrücken erschlagen, so beschäftigt damit, alles in sich aufzusaugen, dass sie eine koordinierte motorische Leistung wie das Gehen nicht auch noch gleichzeitig zu Stande bringen. Dann bringt man am besten Geduld und Zeit mit, lässt den Welpen einfach schauen und schnuppern und bestätigt jedes kleine Vorwärtsgehen sofort mit Lob und einem Leckerchen. Nach angemessener Zeit des Aufsaugens der Umwelteindrücke kann man ihn schlicht wieder nach Hause tragen. Das Ziel der Umweltgewöhnung wird auch so erreicht und für Toben und Lösen bleibt ja der heimische Garten.
Bei sehr hartnäckigen Sitzenbleibern, die auch nach Tagen keine Anstalten machen, mit ihrem Menschen weiterzugehen, kann es helfen, die Leine ganz lang zu machen, einen leichten Zug aufzubauen, dort hinzuschauen, wohin man laufen möchte und einfach mal zu warten, bis dem Zwerg der Zug der Leine und die fehlende Aufmerksamkeit seines Menschen zu blöd wird und er doch mal ein paar Schrittchen in dessen Richtung läuft. Dann sofort loben und füttern und schaun, wie lange das Glück anhält, bevor man die Strategie wiederholen muss. Wichtig ist bei so hartnäckigen Welpen tatsächlich, dem Verhalten so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu schenken, denn für viele Hunde ist Aufmerksamkeit – sogar negative in Form von Schimpfen – besser wie nichts und insofern eine Belohnung des vorangegangenen Verhaltens.
Kaum ein Welpe/Junghund wird dauerhaft ungern Gassi gehen, das Phänomen löst sich irgendwann in Wohlgefallen auf und den gemeinsamen Spaziergängen steht dann nichts mehr im Wege. Hier gilt es dann, ein bisschen die Waage zu halten zwischen sinnvoller Auslastung, die auch dem Muskelaufbau und Schulung der Koordination dient und auf der anderen Seite eventueller körperlicher Überforderung des Welpen, die sich im dümmsten Fall in Verletzungsanfälligkeit oder späteren Problemen des Bewegungsapparats manifestieren kann. Die 5-Minuten-Regel (pro Spaziergang 5 Minuten Laufzeit pro Lebensmonat) ist zwar extrem vorsichtig und im Grunde auch veraltet: sie wird besonders bewegungsfreudigen Rassen nicht gerecht. Dennoch sollte man im Wachstum eine Überforderung des jungen Hundes wie beispielsweise durch Joggen, Radfahren, Ausreiten, ewiges Toben mit anderen Hunden vermeiden!
© Angelika Prinz; Rundumhund-Ostalb; Teilen ausdrücklich erlaubt und erwünscht, Kopieren verboten!