20/03/2020
Achtung:
Corona und die Auswirkungen für Hundetrainer (Aktualisierung Stand 19.03.2020)
Vorab ist festzustellen, dass es sich um eine hochdynamische Lage handelt. Was jetzt gilt, kann in zwei Stunden überholt sein. Diese Dynamik sorgt für Verunsicherung. Dies gilt auch für die Behörden, die in vielen Fällen heillos überfordert scheinen. Gründe dafür dürften die unzureichende Kommunikation in der Behördenhierarchie, die unklare Abgrenzung von Zuständigkeiten und Kompetenzen und die mangelnde Abstimmung zwischen den Fachbehörden sein.
In der Krise erweist sich die föderale Struktur unseres Landes als wenig effektiv. Zwar stimmen die Landesregierungen die Maßnahmen zum Kampf gegen das Virus mit der Bundesregierung ab. Die Umsetzung liegt aber in der Hand der Bundesländer, die hier sehr unterschiedlich vorgehen. Dies fängt bei der rechtlichen Umsetzung an. In einigen Bundesländern ergehen Weisungen der zuständigen Ministerien an die Kreise und kreisfreien Städte, Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie durch sog. Allgemeinverfügung zu regeln (Beispiele: Schleswig-Holstein, Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen z.T. mit Muster-Allgemeinverfügung). In anderen Bundesländern haben die zuständigen Fachministerien selbst Verordnungen oder Allgemeinverfügungen erlassen, die unmittelbar verbindlich sind und keiner weiteren Umsetzung durch die Kommunen oder Bezirksämter bedürfen (Beispiele: Bayern, Berlin). Auch inhaltlich weichen die Regelungen stark voneinander ab. Das gilt sowohl für die Anweisungen und Verordnungen der Länder, als auch die Allgemeinverfügungen der Kommunen und Kreise auf Anweisung „ihrer“ Landesregierungen. Auch dies mögen Beispiele belegen: Nach der aktuellen Rechtslage in Berlin dürfen bestimmte Gewerbebetriebe (Gastronomie, Messen etc.), kulturelle Einrichtungen (Museen, Kinos etc.) oder Sportstätten nicht für den Publikumsverkehr geöffnet werden. Regelungen für „Freizeiteinrichtungen“, zu denen in diesem Kontext auch Hundeschulen gezählt werden, enthält die Verordnung nicht. Für Angebote von Hundeschulen dürfte die Regelung für öffentliche und nicht öffentliche Veranstaltungen gelten. Danach sind Veranstaltungen mit weniger als fünfzig Teilnehmern zulässig, wenn bestimmte Voraussetzungen (z.B. Führung einer Anwesenheitsliste) erfüllt sind. In Bayern ist der Betrieb sämtlicher Einrichtungen, die nicht notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens, sondern der Freizeitgestaltung dienen, untersagt. Trotz dieser eigentlich klaren Anordnung, ist die Umsetzung in den Kommunen offenbar uneinheitlich. Die Städte Passau, Fürth und der Landkreis Fürth lassen Einzelunterricht angabegemäß zu. Der Landkreis Dachau hat zunächst Einzel- und Kleingruppenunterricht zugelassen. Nach einer anderen Information soll der Kreis nun sämtliche Ausbildungsangebote von Hundeschulen untersagt haben. Ein ebenso uneinheitliches Bild zeigen die Allgemeinverfügungen der Kreise und kreisfreien Städte, die aufgrund der Weisungen der jeweiligen Landesregierungen erlassen werden. Der Kreis Plön hat in seiner Allgemeinverfügung die Schließung bestimmter Einrichtungen angeordnet, zu denen explizit auch Hundeschulen und Hundeausbildungsplätze zählen. Die auf der Grundlage derselben Anweisung des Landes Schleswig-Holstein erlassene Allgemeinverfügung der Hansestadt Lübeck bestimmt die Einstellung von Zusammenkünften in sonstigen Freizeiteinrichtungen. Diese Regelung lässt weite Interpretationsspielräume.
Diese Beispiele mögen belegen, dass Deutschland auch im Hinblick auf die Bekämpfung der Corona-Pandemie ein juristischer Flickenteppich ist. Die Rechtslage variiert in allen Bundesländern mehr oder weniger von Kreis zu Kreis und von Stadt zu Stadt. Ein Teil der Erlaubnisbehörden betrachtet jede Form von Hundeausbildung, also auch Einzelunterricht, als „verboten“ (Beispiel angabegemäß: Landkreis Helmstedt). Andere Behörden gehen davon aus, dass Hundetraining weiterhin „erlaubt“ ist, was selbst Gruppenausbildung mit bis zu 10 Kunden einschließt (Beispiel angabegemäß: Niedersächsisches Landesgesundheitsamt). Zwischen diesen „Extrempositionen“ bewegt sich die Meinungslage der Behörden. Konsequenz ist eine maximale Rechtsunsicherheit, die noch durch Gerüchte und Hiobsbotschaften aller Art angeheizt wird.
Letztlich bleibt dem Einzelnen nichts anderes als bei „seinem“ Kreis oder „seiner“ Stadt die für Hundeschulen geltenden Regelungen bzw. die Interpretation der Regelungen der zuständigen Landesministerien abzufragen. Das ist leichter gesagt als getan. Wie eingangs dargestellt herrscht auch bei vielen Behörden und Ämter vor Ort Unsicherheit darüber, was erlaubt ist und was nicht. Dies führt in vielen Fällen dazu, dass die bestehenden Regelungen tendenziell restriktiv angewendet werden.
Hier einige Hinweise und Empfehlungen zum Umgang mit dem Thema.
Es gilt die Regel, dass die Ausübung einer Berufstätigkeit durch die Bestimmungen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie nicht eingeschränkt wird. Ausgenommen sind die beruflichen Tätigkeiten, die in den jeweiligen landesrechtlichen oder kommunalen Bestimmungen explizit unterbunden werden (z.B. Gastronomie). Werden Freizeiteinrichtungen im Allgemeinen oder Hundeschulen im Besonderen Beschränkungen unterworfen, bedeutet das nicht, dass damit jede Form von Hundeausbildung eingestellt werden muss. Problematisch sind sicher alle Formen von Gruppenausbildungen, wobei dies nicht von allen Behörden so gesehen wird. Tendenziell unproblematischer ist dagegen Einzelunterricht, sei es in „freier Wildbahn“ oder beim Kunden. Zwar stellt auch Einzelunterricht einen Sozialkontakt dar. Allerdings wird man im Rahmen einer Güterabwägung auch zu berücksichtigen haben, dass diese Form der Ausbildung für Hundetrainer die einzige Möglichkeit darstellt, den Betrieb wenn auch nur in stark eingeschränktem Umfang aufrecht zu erhalten. Auch die oben beschriebene Bestimmung des Landkreises Plön schließt Einzelunterricht beim Kunden nicht zwingend aus.
Man kann der Behörde die Entscheidung, Hundeausbildung in diesem Rahmen zuzulassen, möglicherweise erleichtern, wenn man bestimmte Schutzvorkehrungen trifft. Man sollte sicherstellen, dass es zu keinen Kontakten zwischen Kunden kommt. Man kann die Ausbildungstätigkeit dokumentieren, um im Fall der Fälle die Nachverfolgung von Ansteckungsketten zu erleichtern. Zudem kann man eine Verpflichtungserklärung abgeben, bestimmte Schutzvorkehrungen zu treffen (kein Körperkontakt, Sicherheitsabstand, Tragen von Mundschutz und Handschuhen) oder abzufragen, ob es im Umfeld des Kunden zu Corona-Infizierungen gekommen ist.
Zusagen der Behörden sollten schriftlich vorliegen. Telefonische oder persönliche Zusagen sollten gegenüber der Behörde schriftlich bestätigt werden. Damit kann man auch gegenüber dem Kunden dokumentieren, dass er sich im Rahmen der Legalität bewegt.
Krefeld, den 19.03.2020
Dr. Eugène Beaucamp
(Rechtsanwalt)
Beaucamp&Beaucamp
Rechtsanwälte
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