09/11/2024
PFERDESTIMME
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“Solange Menschen denken, dass Tiere nicht fühlen, müssen Tiere fühlen, dass Menschen nicht denken.” - Anonym
Es ist 08.03 Uhr, der Futtermann betritt den Stall.
Ich bin müde, konnte nicht richtig schlafen in der kleinen Box, das Herumdrehen ist so schwierig und unter der Decke ist mir so warm.
Und ich habe Hunger, solchen Hunger.
Das Heu vom Boden ist schon seit gestern Abend aufgegessen, also mümmle ich zwischendurch an meinem Stroh, aber das macht auch nicht satt.
Dixie von nebenan poltert mit dem Huf gegen die Tür “Ich hab Hunger, mach schneller!”.
Ein Grummeln geht durch die Reihen, als er mit seiner großen Karre den Gang entlang fährt.
Für jeden eine Portion Heu und eine Kelle Hafer.
Schnell mache ich mich über den Hafer her, schlinge ihn runter. Dixie, die gern mal schnappt, ist nach mir dran. Ihr hält er den Besenstiel vor den Kopf, als er das Heu in die Box schmeißt. Rums, Tür wieder zu. Wieder nur Gitterstäbe zu sehen.
11.16 Uhr, 3 Stunden später.
Das Heu ist längst aufgegessen und mein Magen knurrt. “Huuuuunger”, poltert Dixie gegen die Tür.
Da kommt der Futtermann wieder. Jeder kriegt ein Halfter an. Dixie poltert: “Oh jetzt gehts endlich raus! Vielleicht gibts da ja was zu essen!”
Ich stehe geduldig da und warte, dass er mir mein Halfter anzieht.
Dann kommt noch eine Frau und gemeinsam bringen sie uns raus. Aber es geht nicht auf die Wiese. Wir gehen daran vorbei. Oh nein, die Paddocks… Jeder hat seinen eigenen. Mich juckt es unter der Decke, weil ich geschwitzt habe in der Nacht. Ich bleibe stehen und will mich kratzen. “Weiter jetzt, was soll das?!”, bläfft der Futtermann mich an und haut mir den Strick auf die Brust.
Auf dem Paddock angekommen, merke ich, dass ich durstig bin. Hm, kein Wasser da. Heu gibt es auch keines. Dixie schlägt jetzt nicht mehr mit den Hufen, sondern mit dem Kopf. Ich würde sie gerne beruhigen, doch der Zaun trennt uns. Loui von gegenüber läuft auf dem kleinen Stück auf und ab. Ich stehe da und döse ein wenig.
13.32 Uhr, Paddockzeit zu Ende, die andere Hälfte der Pferde ist dran.
In meiner Box angekommen trinke ich erstmal und freue mich über eine neue Portion Heu, die auf mich wartet. Dixie hat gar keine Lust und scheint sich auch nicht über ihr Essen zu freuen, sie poltert nur wieder. Der Futtermann schlägt mit dem Besenstiel an ihre Gitter “Ruhe jetzt!”.
Dösen, Heu essen, dösen, Heu essen, dösen, Stroh mümmeln.
17.38 Uhr, meine Besitzerin kommt. Ich freue mich, vielleicht gehen wir ja raus! Sie holt mich aus der Box und bindet mich in der Stallgasse fest, ein Seil links und eins rechts. Jetzt kann ich mich gar nicht mehr kratzen.
Decke aus - endlich. Die weiche Bürste ist angenehm, doch die aus Metall an meinem Rücken drückt. Ich tänzle “Bitte hör auf, das ist so unangenehm.” - “Jetzt zapple nicht so rum!”, sagt sie und haut mir mit der Hand auf die Brust. Also bemühe ich mich, still zu halten.
Sie geht weg. Kommt wieder. Der Sattel, bitte nicht. Sie legt ihn mir auf den Rücken und ich beiße nach dem Sattel “Bitte nimm ihn weg, das tut weh!” Sie schimpft, ich soll mich benehmen. Jetzt die Trense. Das Gebiss ist eiskalt auf meiner Zunge. Ich will es nicht! “Mund auf jetzt!”, sie piekst mit ihren Fingern in meinen Mund.
Sie führt mich in die Reithalle, in der bereits 8 andere Pferde sind, ich bin ganz aufgeregt und will sie begrüßen. Doch sie stellt sich in den linken Steigbügel und ich schnappe nach hinten und gehe zur Seite “Auaaa, meine ganze Seite tut weh, wenn Du das machst!”. - “Jetzt ist aber mal gut hier!”, Gerte auf den Hintern. Ich strenge mich ganz doll an, stehen zu bleiben. Sie sitzt, ich gehe sofort los, will weg von dem Druck am Rücken. Sie reißt an den Zügeln “Hab ich gesagt, dass Du gehen sollst?!”.
Dann gehts los. Die strenge Frau steht in der Mitte, ich kenne sie schon. Sie sagt meiner Besitzerin, was wir machen sollen. Ich gehe im Schritt und strecke den Kopf hoch, so geht es etwas besser im Rücken.
“Jetzt spiel mal ab! Der läuft ja wie eine Giraffe!” Links, rechts, links, rechts. Die Zügel zwingen meinen Kopf runter. Autsch, mein Rücken tut immer noch weh und mein Hals jetzt auch.
19.03 Uhr, das Reiten ist beendet. Sie lässt mich galoppieren und noch 3 Runden Schritt gehen und dann zurück in die Gasse. Ich laufe ganz unruhig “Können wir noch was Schritt gehen? Mir ist so warm und ich krieg schlecht Luft, ich muss mich bewegen.” - “Was ist denn los heute? Abmarsch jetzt, benimm Dich!” und ich benehme mich.
Sattel runter, Decke drauf. Die Decke, unter der mir immer noch wärmer wird. Mein Rücken tut weh.
Ab in die Box. Heu und Hafer warten schon auf mich.
20.34 Uhr, der Futtermann kommt endlich und zieht mir die nasse Decke aus. Und die andere wieder an. Verdammt.
Dösen, Heu essen, dösen, Heu essen, dösen.
22.01 Uhr, Licht aus.
Dösen, Heu essen, dösen, Heu essen, dösen, Stroh mümmeln.
Kennt Ihr Pferde, die so ein Leben führen?
Wie sieht der Alltag Eurer Pferde aus, was ist Eure Meinung dazu?
Postet doch gerne Foto von dem Zuhause Eures Pferdes unter diesen Beitrag.