22/06/2024
Wieder mal ist Wochenende.
Wieder mal ist Turnier.
Eigentlich geht es so gut wie jedes Wochenende los und immer wieder kommt es vor, dass alle Beteiligten so rein gar keine Ahnung haben: nicht die Richter, nicht die Trainer, nicht die Eltern. Schon gar nicht die Eltern.
Da wird man schon einmal von seiner 13jährigen Tochter rüde angepampt: „Oah, man Mama, jetzt halt doch mal die Klappe.“
Eltern nehmen das oft stillschweigend hin.
Warum eigentlich?
Der Ton allein ist schon eine Ansage aber – damit nicht genug – man kann ihn auch noch über den gesamten Abreiteplatz hören.
Ist aber noch nicht alles.
„Hallo, ja Mama kannst du vielleicht mal an die Sporen denken? Ja toll und was mach ich jetzt? Hab ich die liegenlassen oder du?“
Sitzt das Herzchen endlich auf seinem Pferd geht es auf dem Abreiteplatz gleich weiter. Mutti steht mit dem Jacket in der Hand am Rand und Papa kommt freudestrahlend mit einem kleinen Plastikbecher voll heißem Kaffee um die Ecke. Leider läuft es gerade gar nicht rund zwischen seiner Tochter und ihrem kohlpechrabenschwarzen Glück.
„Oh Gott, was willst du denn jetzt auch noch hier, geh mal weg, du bringst mir echt kein Glück!“
Eltern nehmen das oft stillschweigend hin.
Warum eigentlich?
Warum tut ihr das?
Manchmal hört man: „Meine Tochter ist so aufgeregt aber sie meint es ja nicht so“, oder „Mädchen sind halt zickig in diesem Alter. Das ist die Pubertät, da kann man nichts machen.“
Aber, bei anderen Kindern und Jugendlichen scheint es ja doch zu klappen.
„Danke Mama, Danke Papa!“
Und manchmal hört man das auch, ohne dass „Kohlpechrabenschwarz“ und der „Schatz“ eine Schleife mit nach Hause bringen.
Reiten ist immer auch ein Stück Erziehung.
Nicht nur die Erziehung, formale höfliche Umgangsformen mit Fremden zu pflegen, sondern viel mehr als das.
Selbsterziehung zu einem rücksichtsvollem und umsichtigen Umgang miteinander. Das was unseren Sport ausmachen sollte.
Kontrollverlust gegen Mensch und Tier sollte hier absolut tabu sein.
Das Schlagen von Tieren ist ebenso ein Kontrollverlust wie das Anschreien von Umstehenden, egal ob Bekannten, Verwandten oder völlig Unbeteiligten.
Selbstbeherrschung steht auf dem Programm.
Frustrationstoleranz.
Individualität, ja fein aber in jeder Stresssituation gleich komplett die Kontrolle über sich zu verlieren, das ist nicht cool. Das ist unglaublich peinlich für den Reiter selbst und unangenehm für alle anderen.
Nämlich auch die, die sich das anhören müssen.
Eure Eltern spielen beide Tennis?
Auch ein schöner Sport.
Und man kann ihn auch zu zweit betreiben.
Habt ihr euch nie gefragt, warum sie mit euch morgens um 5:30 Uhr im Nieselregen ins 50 km entfernte Kaff XY fahren?
Wisst ihr eigentlich, dass ein Auto mit Allrad Antrieb so bummelig zwei- bis dreitausend Euro mehr kostet als eins ohne Allradantrieb?
Der Mann, der dir auf dem Abreiteplatz kein Glück bringt Töchterchen, der hat aber genau dieses Auto gekauft, damit er dich am Wochenende zu deinem Reitturnier fahren kann.
Und noch was: Er tut es gerne.
Weil du seine Tochter bist.
Weil er dich lieb hat.
Und weil er Zeit mit dir verbringen möchte.
Er interessiert sich für dich und nimmt Anteil an dir.
Es ist ihm egal, ob du da was gewinnst oder nicht. Klar, er freut sich mit dir und für dich, wenn das so ist aber er liebt dich nicht weniger wenn du nichts abbekommst.
Ist ihm total egal.
Aber vielleicht solltest du netter zu ihm sein. Zu deinem Vater.
Und zu deiner Mutter.
Dein Hobby Reiten – Turnierreiten kostet beide viel Geld und Zeit.
Sie schenken dir beides.
Du bist doch dem Reitsport verbunden.
Du möchtest doch gutes Reiten lernen.
Fang doch gleich mit der richtigen Einstellung dazu an.
Reiter sollen immer auch Selbstkontrolle sein.
Sollte Rücksichtsvoll sein.
Liebevoll wenn auch bestimmt im Umgang mit dem Pferd.
Das gehört doch an den Beginn deines wunderbaren Hobbys.
Es bezieht sich nicht nur auf Pferde.
Wer ausschließlich nach dem Lustprinzip seine Launen auslebt, wer sich alles herausnimmt im Ton, der lässt keinen Respekt erkennen.
Und wenn einer schon keinen Respekt vor Menschen hat, weil er ja soviel Stress hat, wie wird er in der gleichen Stresssituation dann erst mit einem Tier umgehen, das ihm anvertraut und untergeordnet ist?
Mal ehrlich, ihr kommt heute vom Turnier?
Habt ihr euch mal bei euren Eltern bedankt?
Danke, dass ihr mich zum Turnier gefahren habt.
Danke, dass ihr mich unterstützt.
Danke, dass ihr „Kohlpechrabenschwarz“ für mich gekauft habt.
Danke.
Denkt mal drüber nach. Es nimmt so manch einem Vorbereitungsplatz viel an Spannung.
In diesem Sinne
Viel Spaß mit deinem Pferd!
(Für gut und wahr befunden - daher geteilt!)