21/07/2018
Danke für diesen Artikel. Dies ist eine deutliche Aussage zu aversiven Trainingsmethoden, die zu aggressivem Verhalten des Hundes führen können. Schon Anstarren und Anknurren durch den Halter kann das Verhalten in eine unerwünschte Richtung beeinflussen.
Viel effizienter ist das Training über positive Verstärker gerade bei Hunden mit einer Aggressionproblematik.
Bis der/die letzte beginnt, wenigstens darüber nachzudenken MD
Studie zeigt, dass die beliebten „Alpha“-Trainingsmethoden mehr schaden als nutzen!
Immer wieder heißt es hier: Bei einem aggressiven Hund kann man nicht nur "Wattebällchen" werfen, da muss man andere Methoden anwenden. Damit sind dann aversive Mittel, wie Stachler, Alpha-Rolle, dominieren, kicken, und was weiß ich noch gemeint und und deren Anwendung "legitimiert" :(
Doch Studien zeigen, dass genau solch eine Behandlung zu Aggressivität führt bzw. sie verstärkt :(
Von Sophia Yin, MVDr, MS March 9, 2009
„Die Kunden, ein älteres Paar, hatten einen sechs Jahre alten, kastrierten Rhodesian Ridgeback Rüden, der aggressiv gegenüber anderen Hunden war“, erklärt Dr. Jennie Jamtgaard, eine Verhaltensberaterin und Trainerin am College für Veterinärmedizin der Colorado State University. „Sie haben sich Der Hundeflüsterer mit Cesar Millan angeschaut und gesehen, wie Millan aggressive Hunde in eine Hundegruppe gelassen hat und diese dann seitlich oder auf dem Rücken liegend nach unten gedrückt hat, wenn sie aggressiv wurden. Also haben sie ihren Hund in die Hundezone gebracht und im Grunde Flooding angewandt [ihn in die Aggressionen auslösende Situation gebracht].“
Es ist keine Überraschung, dass sie damit nicht sehr weit gekommen sind. „Die Besitzerin wollte den Hund dazu bringen, sich hinzulegen, während sie auf der Leine stand und die anderen Hunde dazukamen und schnüffelten. Ihr Hund knurrte, dann knurrte ein anderer Hund, und ihr Hund (der wahrscheinlich genauso viel wie sie wiegt) wollte losstürzen und sie konnte es nicht stoppen. Dann wurde sie gebissen, als sie den Kampf der Hunde unterbrechen wollte. Sie hätte keine Alpharolle machen können, wenn sie das gewollt hätte, aber sie beklagte sich darüber, dass sie nicht der ‚Rudelführer‘ war.“
In diesem Fall war der Biss ein Unfall. Aber das ist nicht immer der Fall.
Jamtgaar beschreibt einen anderen Fall, in dem es um einen Australian Cattedog Mischling geht, der starke Aggressionen (losstürzen, knurren, bellen) gegenüber anderen Hunden zeigt, wenn sie in Sichtweite kommen, selbst hunderte Meter entfernt:
„Der Hund hatte kein Problem mit Menschen und war vor diesem Biss ihnen gegenüber nie aggressiv gewesen. Die Besitzer schauten Millan und hatten den Hund nur mit Strafen erzogen. Sie dachten, es müsste so sein, fühlten sich aber unwohl und frustriert. Immer wieder versuchten sie, den Hund körperlich zu unterwerfen, wenn er aggressiv war. Diese Technik hatten sie seit Monaten angewandt. Sie gaben zu, dass ihnen klar war, dass sich nichts verbesserte, aber sie hatten keine anderen Ideen. Als sie dann bei PetSmart waren, knurrte der Hund und stürzte los. Als die Besitzerin – damals im fünften Monat schwanger – den Hund nach unten zwingen wollte, wurde sie in den Arm gebissen. Die Zähne hinterließen Löcher. Das war der Zeitpunkt, an dem sie sich bei mir meldeten.“
Beißvorfälle keine Überraschung
Leider sind diese Beißvorfälle keine Überraschung. Laut einer neuen veterinärmedizinischen Studie, die im The Journal of Applied Animal Behavior (2009) veröffentlicht wurde, wird Ihr Hund aggressiv sein, wenn Sie es ihm gegenüber sind.
Meghan Herron, MVDr und Hauptautorin der Studie, sagt: „Landesweit ist aggressives Verhalten der Hauptgrund, warum Hundebesitzer ihren Hund zu einem Verhaltensberater bringen. Unsere Studie hat gezeigt, dass viele konfrontative Trainingsmethoden, ob es nun ein erzwungenes Wegsehen des Hundes, Schläge oder Einschüchterung durch körperliche Manipulation ist, wenig dabei hilft, ungewolltes Verhalten zu korrigieren, und sogar aggressive Reaktionen hervorrufen können.“
Tatsächlich kann die Anwendung solcher konfrontativer Trainingsmethoden Angst im Hund hervorrufen und zu defensiv-aggressivem Verhalten gegenüber der Person führen, die das aversive Verhalten durchführt.
Für die Studie erstellten Herron, Frances S. Shofer und Ilana R. Reisner, alle Tierärztinnen am Institut für klinische Studien der Universität von Pennsylvania, Fakultät für Veterinärmedizin, einen 30-teiligen Fragebogen für Hundebesitzer, die Termine für Verhaltensberatung bei der Penn Vet ausgemacht hatten. Im Fragebogen wurden die Hundebesitzer gefragt, wie sie bisher mit aggressivem Verhalten umgegangen sind, ob es einen positiven, negativen oder neutralen Effekt auf das Verhalten des Hundes hatte und ob die Methode zu aggressiven Reaktionen geführt hatte. Es wurde zudem gefragt, woher die Hundebesitzer von der angewandten Methode wussten. 140 Fragebögen wurden ausgefüllt.
Einige Methoden lösten Aggression aus
Am häufigsten trat Aggression als Reaktion auf aversive (oder strafende) Eingriffe auf, selbst wenn diese indirekt waren:
• Schlagen oder Treten des Hundes (41% der Besitzer berichteten von Aggression)
• Den Hund anknurren (41%)
• Den Hund zwingen, ein Objekt aus dem Maul zu geben (38%)
• „Alpharolle“ (den Hund auf den Rücken zwingen und ihn unten halten) (31%)
• „Dominance down“ (den Hund auf die Seite zwingen) (29%)
• Die Wangen oder das Nackenfell packen (26%)
• Den Hund zum Wegschauen zwingen (den Hund anstarren, bis er wegschaut) (30%)
• Den Hund mit einer Wasserpistole oder Spraydose besprühen (20%)
• „Nein“ rufen (15%)
• Zwangsexposition (den Hund etwas aussetzen, vor dem er sich fürchtet – wie Fliesen, Geräusche oder Menschen) (12%)
Dagegen haben non-aversive Methoden seltener eine aggressive Reaktion hervorgerufen:
• Dem Hund beibringen, für alles Sitz zu machen, das er will (nur 2% der Besitzer geben eine aggressive Reaktion an)
• Den Hund für Augenkontakt belohnen (2%)
• Tausch von Futter gegen ein Objekt im Maul, anstatt die Ausgabe des Objekts zu erzwingen (6%)
• Den Hund für „Schau“ belohnen (0%)
Wer wendet strafbasierte Techniken an?
„Diese Studie zeugt deutlich das Risiko dominanzbasierten Trainings, das durch Fernsehsendungen, Bücher und andere Verfechter des strafbasierten Trainings bekannt geworden ist“, sagt Heron.
Zum Beispiel gibt es in „Der Hundeflüsterer“ mit Cesar Millan – der beliebten Sendung auf SIXX – immer wieder Alpharollen, das Drücken des Hundes in die Seitenlage und Zwangsexposition zu sehen. Zudem schränkt Millan die Bewegungsfreiheit der Hunde regelmäßig ein oder wendet körperliche Korrekturen an, um ihnen wertvolle Ressourcen wegzunehmen.
Und wie in ihren vorherigen Bestsellern wird auch in Divine Canine der Monks of New Skete bei der Korrektur ungewollten Verhaltens die Verwendung von Würge- und Stachelhalsbänder anstatt erprobter, non-aversive Techniken empfohlen.
Diese Quellen geben als Grund für ungewolltes oder aggressives Verhalten den Wunsch des Hundes, Dominanz zu erlangen, oder fehlende Dominanz seitens der Besitzer an. Verfechter dieser Theorie schlagen daher vor, dass Besitzer die „Alpha“- oder Rudelführerrolle einnehmen sollen.
Aber Verhaltensforscher und die American Veterinary Society of Animal Behavior (AVSAB) führen in ihrem Positionspapier „The Use of Dominance Theory in Animal Behavior Modification„ ungewolltes Verhalten auf unbeabsichtigtes Belohnen dieses Verhaltens und das Fehlen einer konsequenten Belohnung gewünschten Verhaltens zurück.
Herron betont, dass „im letzten Jahrzehnt Studien über Aggressionsverhalten des Hundes gezeigt haben, dass dieses Aggressionsverhalten und andere Verhaltensprobleme nicht das Ergebnis dominanten Verhaltens oder dem Fehlen der Alpharolle des Besitzers sind, sondern durch Angst (Selbstverteidigung) und zugrundeliegende Angstprobleme hervorgerufen werden. Aversive Methoden können im Hund eine aggressive Reaktion auslösen, da sie die Angst und die Erregung des Hundes noch verstärken, vor allem bei denen, die sich bereits defensiv verhalten.“
Besitzer erkennen oft den Zusammenhang nicht
Herron betont, dass interessanterweise nicht alle Besitzer, deren Hund auf eine bestimmte aversive Technik mit Aggression reagiert hat, das Gefühl hatten, dass die Trainingsmethode einen negativen Effekt auf das Verhalten ihres Hundes hat. Zum Beispiel haben 43% der Besitzer, die ihren Hund geschlagen oder getreten haben, gegen sie gerichtete Aggressionen angegeben. Aber nur 35% der Besitzer haben das Gefühl, dass die Technik einen negativen Effekt hat.
Herron erklärt, dass ein Grund dafür sein kann, dass die aversiven Methoden kurzzeitig reaktives oder ungewolltes Verhalten unterbinden – so dass es erscheint, als habe sich das Verhalten verbessert -, aber keine langfristige Lösung sind. Zudem haben die Besitzer vielleicht nicht-aggressive, ängstliche Reaktionen auf die Korrektur nicht erkannt und daher gedacht, dass die Methode in diesem bestimmten Zusammenhang erfolgreich war. Aber die Angst des Hundes zu verstärken, kann auch die defensive Aggression in der gleichen oder anderen Situationen verstärken.
Welche Methoden können stattdessen angewandt werden?
Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, bei der Arbeit mit Hunden positive Verstärkung und andere non-aversive Methoden anzuwenden, vor allem wenn es um Hunde geht, die in der Vergangenheit aggressiv waren. Diese non-aversiven Methoden, die darauf abzielen, gewünschtes Verhalten zu belohnen und den emotionalen Zustand des Hundes zu verändern, funktionieren sehr gut bei aggressiven Hunden. (Unten finden Sie Videos mit Beispielen für positive Verstärkung.)
Was ist nun mit dem Australian Cattledog und dem Rhodesian Ridgeback, die wir zu Beginn dieses Artikels getroffen haben?
Jamtgaard über ihre Fälle. „Der Australian Cattledog hat mit unserer Hilfe unglaubliche Fortschritte gemacht. Sie war in Situationen ruhig, in denen ihre Besitzer es nie erlebt hatten, etwa als die Nachbarshunde sie nur ein paar Meter entfernt angebellt haben. Ich denke, es hat ihnen Hoffnung gegeben, als sie gesehen haben, wie viel sie in ein paar Minuten erreichen konnten, indem sie die Herangehensweise geändert hatten.
Innerhalb von 4-6 Wochen konnten sie mit ihr ganz normale Spaziergänge mit Hunden auf normaler Distanz machen. Die ersten drei Monate habe ich zu Anfang alle paar Tage mit den Besitzern telefoniert, dann jede Woche. Sie haben sich so gut gefühlt, weil sie sie anders behandeln konnten (freundlicher). Der Besitzer kann jetzt mit seinem Hund an Wettkämpfen im Gewichtziehen teilnehmen und bei Wettkämpfen und auf der Straße in engem Kontakt mit anderen Hunden sein. Früher war der Hund schon auf eine Distanz weit über 100 Metern sehr reaktiv.“
Dieses ruhige Verhalten zeigt sie auch nach den ersten paar Monaten Training weiter. Jamtgaard sagt: „Ich habe die Besitzer zwei Jahre später mit ihrem kleinen Kind getroffen und alles lief bestens.“
„Das ältere Paar mit dem Rhodesian Ridgeback hat seine Ziele ebenfalls innerhalb dieser 6-8 Wochen erreicht und wurde ähnlich wie das andere Paar betreut“, sagt Jamtgaard. „Sie können sicher mit ihrem Hund spazieren gehen und er bleibt ruhig, wenn sie anderen Hunden begegneten. Der Hund bleibt sitzen, während sie mit anderen Hundebesitzern reden. Sie benutzen ein Halti, aber das trägt bei seiner Größe im Vergleich zu ihrem Gewicht zur Sicherheit bei, wenn etwas passieren sollte. Als ich das letzte Mal mit ihnen gesprochen habe, etwa sechs Monate nach unserer ersten Beratung, lief alles weiter gut.“
https://drsophiayin.com/blog/entry/new_study_finds_popular_alpha_dog_training_techniques_can_cause_more_harm_t/