16/04/2024
Genau!
Warum es klassische Ausbilder doppelt und dreifach schwer haben
Klassische Ausbilder haben es mittlerweile schwer. Denn bei ihnen landen häufig die Korrekturpferde. Erst wenn es gar nicht mehr weitergeht, mit dem, was heutzutage häufig als klassische und pferdefreundliche Ausbildung betitelt wird, aber sichtbar davon entfernt ist und das Pferd dadurch widersetzlich bis gefährlich geworden ist oder überhaupt keine Freude mehr macht zu reiten, weil es steif geworden ist, weil Leichtigkeit und Selbsthaltung fehlen, reflektieren viele Reiter und Pferdebesitzer, dass in der Ausbildung wohl etwas doch nicht wirklich klassisch ist.
Warnzeichen, die schon lange vorher auftreten, wie ein ständiges Gehen hinter der Senkrechten, ein nicht hergegebener Rücken, der nicht sitzen lässt, ein Pferd, welches beim Training alles andere als zwanglos und zufrieden wirkt, werden gerne ignoriert. Oder man lässt sich beruhigen, man solle das nicht so eng sehen oder dem Pferd würde noch die Kraft fehlen und so weiter.
Doch nicht nur mit einer Vielzahl von Korrekturpferden sieht sich der klassische Ausbilder konfrontiert, sondern auch mit Korrekturreitern. Und damit sind keine Reiter gemeint, die Pferde korrigieren können, sondern Reiter, die selbst der Korrektur bedürfen. Durch das vorher meistens langjährig praktizierte falsche Reiten haben diese Reiter eine völlig falsche Vorstellung von der Vorgehensweise in der Ausbildung, falsche Bilder im Kopf von einem korrekt gehenden Pferd und ein völlig desolates Reitergefühl.
Meistens trifft auf den klassischen Ausbilder die herausfordernde Kombination Korrekturpferd mit Korrekturreiter. Und neben der Fachlichkeit braucht der klassische Ausbilder noch jede Menge pädagogisches Geschick und Feingefühl, um den Reiter von der Richtigkeit seines Weges zu überzeugen und zu motivieren, auf dem richtigen Weg zu bleiben.
Natürlich ist es toll, wenn dann die ersten Ergebnisse zu sehen- und vor allem für den Reiter zu fühlen- sind. Das Problem ist aber: Der klassische Ausbilder hat dadurch selten die hoch veranlagten und deutlich problemloseren Pferde, die in der Öffentlichkeit für den Wow-Effekt sorgen. Wo alle auf den ersten Blick hinsehen und neben dem korrekten Gehen das Pferd auch Ausdruck mitbringt, die jeden Zuschauer fesseln und die eine hervorragende Werbung darstellen. Verrückterweise bekommt der klassische Ausbilder aus oben genannten Gründen diese Pferde in der Regel nur selten, muss sich das aber immer wieder vorwerfen lassen, dass er solche Pferde nicht herzeigt und wird dadurch in seiner Kompetenz auch angezweifelt. Deswegen gilt: Der klassische Ausbilder muss an seinen Kompetenzen, Vorgehensweisen und Ergebnissen gemessen werden, nicht an der Höhe der Lektionen und der Qualität des Pferdes. Das würde auch wieder dazu führen, dass jeder Reiter, der vernünftig klassisch reitet, die angemessene Anerkennung und Wertigkeit erhält, egal, in welcher Ausbildungsstufe er sich befindet und egal, welche Pferderasse er reitet.