01/12/2023
Herzchen auf FB fliegen.
Ein Video/TV: Eine junge Frau geht vor einem Welpen bewusst mit einem Hundekeks in die Hocke, schaut den jungen Hund leicht lächelnd an und lädt ihn dadurch ein, zu ihr zu kommen.
Oder warum sollte ein Mensch sonst in die Hocke gehen, den Hund lächelnd anschauen und dabei einen Keks auf Höhe der Hundenase halten?
Die junge Frau ist eine Hundetrainerin. Und nein, ihre Absicht ist nicht, dem Hund den Keks zu geben, sondern den Hund in die Seite zu knuffen, sobald dieser ihrer Einladung folgend, den Hundekeks nehmen will.
Ihre leicht lächelnden Lippen presst sie kurz angestrengt zusammen. Schließlich gilt es, gezielt den Hund im richtigen Moment zu knuffen und ihm dabei den richtigen Wumms mitzugeben.
Sie trifft. Der Hund weicht zurück. Wird vorsichtig.
Doch er versucht es wieder. Denn sie hockt weiter einladend dort. Lächelt. Schaut ihn an. Bis - ja, bis sie wieder die Lippen konzentriert zusammenpresst, mit dem Ziel - den Hund - gut zu erwischen, als dieser wieder den Keks nehmen möchte.
Der Hund jault auf.
Die kommentierende Stimme, die sich nun dazuschaltet, erklärt fachmännisch, dass das dem Welpen nicht weh getan habe. Schließlich habe der Welpe bereits gelernt, richtig aggressiv zu sein, und es gehe jetzt im Training darum, dem Hund zu zeigen, wer der Klügere sei.
Herzchen und Likes fliegen weiter.
Der Plan ist aufgegangen. Und noch mehr. Der junge Hund lernt nicht nur, den Keks nicht zu nehmen, sondern dass Menschen, die in die Hocke gehen, ihn anschauen und anlächeln, sehr unangenehm werden können.
Das war doch sicher auch der Plan - oder nicht? Schließlich sind Kleinkinder im Haus. Wäre ja total sinnvoll, wenn ein Welpe frühzeitig lernt, dass Menschen in bodennähe doof sind. Und dass eine einladende Haltung eines Menschen nicht das bedeutet, wonach es aussieht. Schließlich ist die menschliche Inkongruenz etwas, was ein Hund möglichst früh lernen sollte.
Sicher ist, dass nichts sicher ist!
Was für ein kluges Training! Oder nicht?!
Und nun mal Tacheles.
Mich wundert es bei solchen Beiträgen überhaupt nicht mehr, warum immer weniger Menschen von Beginn an zu einem Hundetrainer*in gehen.
Wenn das, was da zu sehen ist, als kluges Training bezeichnet wird, braucht es wahrlich niemandem, der einem ganz fachmännisch erklärt, wie man seinem Hund die eigenen Hände um die Ohren donnert.
Früher hat man übrigens noch geglaubt, man würde damit die eigenen Hände ambivalent besetzen und hat zu einer Zeitung gegriffen, um einen Klaps zu geben. Richtig. Klaps. Man schlägt doch nicht!
Heute, wie ich sehe, ist man einen Schritt weiter. Wer schlagen... Entschuldigung! ...Knuffen will, der versteckt seine Hände nicht und weiß aus der Außenperspektive auch darüber Bescheid, was das gegenüber Hund empfindet. Telepathie ist uns ja eine zweite Haut. Oder nicht?
Heute geht es im Training ganz offensichtlich darum, in der Hund-Mensch-Beziehung dem Hund zu zeigen, wer der Klügere ist.
Schließlich ist hündisches Verhalten wie Wehren beim ins Maulgreifen und Sachen wegnehmen laut dem TV-Fachmann ein extrem aggressives Verhalten des Welpen, das mit einem entsprechenden Echo quittiert gehört.
Ja. Unser Alltag macht es notwendig, dass wir uns seiner Grenzen bewusst sind und wir unserem Hund helfen, ein erfülltes Leben innerhalb dieser Grenzen führen zu können.
Doch die menschlichen Grenzen hinsichtlich Fähigkeiten, Wissen, Beurteilungskompetenz sind genau das, was es dem Hund an unserer Seite schwer macht.
We can do better!
Kluges Training geht anders. Punkt.