01/12/2023
Ich bin zwar keine Pferdetierärztim sondern behandle Kleintiere
EIN ❤️ FÜR TIERÄRZTE und TIERÄRZTINNEN!
Ich bin Tierärztin und Pferdehalterin und ich muss sagen, ich finde es wirklich erschreckend und beschämend, wie sehr von der Reiter- und Pferdehalterlobby derzeit Druck auf die Tierärzteschaft ausgeübt wird und wie viele von uns Pferdehaltern völlig unreflektiert in die gleiche Kerbe schlagen.
Ist Euch eigentlich bewusst, dass wir bereits jetzt einen Tierärztemangel haben, der sich in den kommenden Jahren noch massiv verschärfen wird? Die Boomer-Generation schließt nach und nach ihre Tierarztpraxen ohne einen Nachfolger zu finden, oder verkauft alternativ an eine der großen "Ketten" - die sich aber dann auch keine angestellten Tierärzte aus dem Ärmel zaubern können! Immer weniger junge TierärztInnen steigen überhaupt noch nach dem 6-jährigen, schwierigen Studium in die praktische Tätigkeit ein, weil sie einen deutlich stressfreieren und viel besser bezahlten Job in der Industrie finden. Man findet als PraxisinhaberIn heute kaum noch PraxisassistentInnen und wenn man doch mal Glück hat, dann verlangen die jungen KollegInnen ZURECHT eine angemessene Bezahlung und eine gute Work-Life-Balance! Ein Einstiegsgehalt von 1.900,- Euro BRUTTO für eine Vollzeitstelle mit zahllosen Überstunden, Nacht- und Wochenenddiensten, wie Sie von 10 bis 15 Jahren noch Gang und Gebe war, gehört Gott sei Dank der Vergangenheit an! Und trotzdem gehören die Tierärzte auch heute noch zu den eher schlecht bezahlten akademischen Berufen, trotz der schwierigen Arbeitsbedingungen.
Wusstet Ihr, dass Tierärzte ein 6 bis 7-fach erhöhtes Risiko haben, Selbstmord zu begehen im Vergleich zur restlichen Bevölkerung? Der Job ist knallhart und verlangt einem oft Alles ab! Und trotzdem lieben die meisten Tierärzte, was sie tun und geben Alles und noch mehr für Eure Tiere. Es ist nicht mehr als gerecht, dafür eine angemessene Entlohnung zu verlangen. Die neue GOT hat das endlich möglich gemacht.
Bevor Ihr euch also überlegt, ob die Impfung gut investiertes Geld ist, oder ob Ihr das Pferd mal noch 3 Wochen husten lasst und hofft, dass es sich von alleine wieder legt, denkt doch vielleicht mal nach, ob es wirklich das zehnte hochwertige Halfter mit individueller Bestickung und/ oder Strass, das fünfte Pad, oder das zwölfte Blanket sein muss. Und reflektiert mal ob der monatliche Eimer voller Leckerlis wirklich das ist, was Euer Pferd braucht, um lange und gesund zu leben. Versucht doch mal ganz ehrlich zu Euch selbst zu sein, wie viel Geld Ihr für Unterbringung, Fütterung, Pflege und vor allem Equipment Eurer Pferde investiert. Wie viel gebt Ihr an einem einzigen Turnierwochenende für Box, Unterkunft und Startgebühren aus, um dann im besten Fall einen Pokal mit nach Hause zu nehmen?
Und jetzt setzt die durchschnittlichen Tierarztkosten im Jahr zu diesen ganzen Investitionen mal in Relation....
Und dann fragt Euch: ist dieser Sh*tstorm berechtigt, der derzeit über die Tierärzte hereinbricht? Ist es wirklich nötig, das Image der Tierärzte in der Gesellschaft so negativ darzustellen?
Ich fürchte, wenn die Wertschätzung der tierärztlichen Arbeit weiterhin so gering ist und die Entwicklungen in der Branche so weitergehen, wie sich das derzeit abzeichnet, dann werden wir in nicht allzu ferner Zukunft eine Situation haben, wo Tierhalter froh sein können, wenn sie überhaupt noch einen Tierarzt finden, der Ihr Tier behandeln kann. Viele TierhalterInnen werden dann am Telefon nur noch hören: Tut mir leid, wir haben keine Kapazitäten mehr...
Seid froh, wenn Ihr (noch) einen guten Tierarzt habt, der für Eure Tiere da ist, wenn sie Hilfe brauchen! Wertschätzt seine/ihre Arbeit und helft mit, den Berufsstand wieder attraktiv für junge Kollegen zu machen. Sonst haben wir bald ein massives Versorgungsproblem für unsere geliebten Vierbeiner.
Habt ein ❤️ für Eure Tierärzte!